"Big Data ist ein Riesenthema"

Gregor Pillen, Leiter der Unternehmensberatung IBM Global Business Services, über das neue Trendthema der Berater: Big Data.

Herr Pillen, der neue Trend am Beraterhorizont heißt "Big Data". Die Menge der verfügbaren Daten verzehnfacht sich im Fünfjahresrhythmus. Unternehmen, die der Datenflut Herr werden, sollen daraus angeblich riesige Wettbewerbsvorteile bei der Identifikation von neuen Markttrends erwachsen. Kurbelt Big Data auch das Beratungsgeschäft an?

Big Data ist in der Tat ein Riesenthema für uns und unsere Klienten. Wir bei IBM geben davon aus, dass 90 Prozent aller weltweit verfügbaren Daten allein in den vergangenen zwei Jahren entstanden sind. Die Datenmengen sind so gigantisch, dass Unternehmen mit Standarddatenbanken und Daten-Management-Tools nicht mehr weit kommen. Der Informationswert, der in den Daten schlummert, wird immer wertvoller. Chief Information Officer und deren IT-Abteilungen stehen unter erheblichem Handlungsdruck. Die Entwicklung von Geschäften ist so unvorhersehbar geworden und die Bedürfnisse der Kunden so individuell und flüchtig, dass Unternehmen auf Datenanalysen angewiesen sind, wenn sie die richtigen Entscheidungen über Produktportfolios, Geschäftsmodelle oder die Erschließung neuer Absatzmärkte treffen wollen.

Die Wirtschaft lernt also gerade erst mit großen Datenmengen richtig umzugehen?

Viele stehen hier in der Tat erst am Anfang. Wie gigantisch die Herausforderung ist, die auf Unternehmen zukommt, lässt sich nur erahnen, wenn man an die Vorreiter des Big Data-Trends denkt: Google, Ebay, Amazon und Facebook.

Was kommt denn auf Unternehmen konkret zu und welche neuen Geschäftsfelder eröffnen sich hier für Unternehmensberater?

Egal, ob Unternehmen im Business-to-Business- oder Business-to-Consumer-Markt unterwegs sind - in den nächsten Jahren werden sie ihre Marketing-, Vertriebs- und Kundenserviceaktivitäten für das digitale Zeitalter fit machen. Dabei werden sie verstärkt auf die Prozess-, Hard- und Softwareexpertise von externen Spezialisten – also Beratern – zurückgreifen müssen. Generell erleben Marketing und Customer Relationship Management zurzeit gewaltige Umbrüche. Das fängt schon damit an, dass der Verbraucher wie übrigens auch der B-to-B-Kunde heute meist „online“ – zumindest von seiner Einstellung her – im Laden steht. Die Firmen müssen gucken, wie sie diesen neuen Kundentypus möglichst schnell für sich einnehmen können. Generell geht es in Zukunft verstärkt darum, möglichst schnell auf neue Trends und Kundenwünsche reagieren zu können.

Welcher Beratertypus ist hier gefragt?

Vertriebs-, Marketing- und Customer-Service-Experten sowie Software-Spezialisten. Die Herausforderung liegt darin, die Handelsbeziehungen von Unternehmen zu ihren Kunden, Lieferanten und Partnern multichannel-fähig zu gestalten. Dabei spielt Social Media genauso eine bedeutende Rolle wie das Management von Big Data und Know-how darin, wie man Verbraucher nicht nur als Kunden für sich gewinnen kann, sondern sie zu Fans und Verehrern einer Marke macht. Das Online-Geschäft ist sehr flüchtig, Kundenbindung gewinnt eine ganze neue Bedeutung.

Was müssen Menschen mitbringen, die bei IBM Global Business Services als Berater einsteigen wollen?

Wir haben Berater mit unterschiedlichstem akademischem Hintergrund. Klassische erfahrene Unternehmensberater gemischt mit sehr erfahrenen Linienmanagern aus der Industrie. Entscheidend ist vor allem die Persönlichkeit. Denn was wir jenseits akademischer Grade brauchen, sind Menschen, die gut zuhören können, über eine schnelle Auffassungsgabe, analytisches Denken und Teamgeist verfügen. Zur Grundausstattung gehört es inzwischen auch - ganz speziell für IT-Berater - die fachlichen Anforderungen aus den Nicht-IT-Abteilungen zu verstehen und IT-Themen für Nicht-Fachleute verständlich zu machen.

Das Gespräch führte Julia Leendertse.
(Januar 2012)

Interview