Der Ökonom und Steuerexperte Richard Murphy wollte es genau wissen: Im Auftrag der Linken im Europaparlament durchforstete der Brite über Monate Geschäftsberichte, Unternehmensregister und Webseiten, um das internationale Netzwerk der Big Four – Deloitte, PwC, KPMG und EY– komplett zu erfassen.
Das Ergebnis: „Alle vier Firmen unterhalten zahlreiche Büros in Steueroasen und Offshore-Zentren – und beschäftigten im Verhältnis zu Bevölkerungszahl und Wirtschaftsleistung ausgerechnet dort am meisten Mitarbeiter“, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Für das Blatt ein Paradoxon, denn ausgerechnet die Firmen, die ein funktionierendes System garantieren, „bauen Konzernmanagern legale Taschenspielertricks, um Milliarden vor dem Staat zu verstecken“.
Fakt ist, das in 43 von 53 Steuerparadiesen, die Murphy als solche klassifiziert hat, mindestens eine der Big Four-Firmen ein Büro hat.
Murphy deckte in seinem Bericht auf, dass die vier Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in mehr Staaten tätig sind als sie in ihren Geschäftsberichten angeben. Fabio des Masi, Abgeordneter der Linken und Vizevorsitzender des Untersuchungsausschusses zu Geldwäsche, Steuerhinterziehung und -vermeidung im EU-Parlament bezeichnet die Big Four in der Süddeutschen daher als „Drückerkolonne von Schattenfinanzplätzen und Steueroasen“.
Große, grenzüberschreitend tätige Unternehmen sollen künftig ihre wichtigsten Steuerdaten veröffentlichen, lautet ein Beschluss des EU-Parlaments. Die Big Four haben fast 900.000 Beschäftigte in über 180 Ländern mit einem Umsatz von mehr als 120 Milliarden Euro – aber Konzernabschlüsse und konsolidierte Bilanzen gibt es nicht. Allein KPMG besteht aus 58 Gesellschaften, die in mehr als 150 Ländern aktiv sind – doch wie Murphy bei seinen Recherchen feststellte – ohne den rechtlichen Status in vielen Ländern offenzulegen. PwC, EY und KPMG antworteten auf seine Nachfragen ausweichend und widersprachen seinem Vorwurf der Intransparenz mit dem Verweis auf ihre Jahres- und Transparenzberichte sowie internen Richtlinien, Deloitte äußerte sich gar nicht.
Quelle: Süddeutsche Zeitung, 4. Juli 2017