Der Beratungsmarkt wächst, wenn auch sehr ungleichmäßig. Allein die vier Großen – EY, Deloitte, KPMG und PwC – steigerten in Deutschland im letzten Jahr ihren Umsatz um 242 Millionen Euro. Prozentual gesehen waren das 5,7 Prozent. Mit einem Plus von 6,1 Prozent legten die mittelständischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sogar mehr zu, aber die Prozentzahlen täuschen. In absoluten Zahlen legten die Mittelständler zwar um 70 Millionen Euro zu, aber weil die Big Four von ganz anderen Größenordnungen kommen, vergrößerte sich der Abstand zwischen den Big Four und den dann folgenden mittelständischen Prüfungsgesellschaften weiter. Damit ist der Markt gedrittelt: Unangefochten liegen die Big Four mit großem Abstand an der Spitze, dann folgen fünf Prüfgesellschaften mit einem Umsatz über der 100-Millionen-Grenze. Zwar kratzten noch einige wenige Prüfgesellschaften an dieser Umsatzgrenze, aber alle anderen liegen darunter und gehören laut FAZ zu denen ohne große Marktrelevanz.
Die magische Grenze von 100 Millionen Euro Umsatz hat handfeste Gründe: Erst ab dieser Größenordnung können Unternehmen Mittelständlern kompetente Angebote machen, weil sie größenbedingt eine ausreichende Zahl an Mitarbeitern hätten und damit ihren Kunden auch ins Ausland folgen könnten. Während die Big Four in den Ländern durch eigene Gesellschaften vertreten sind, reagierten die Mittelständler mit unterschiedlichen Strategien. Roever Broenner Susat schloss sich dem globalen Netzwerk Mazars an, Ebner Stolz geht über das Netzwerk Nexia International und Rödl baut ein globales Netz mit eigenen Gesellschaften auf und ist schon in 46 Ländern vertreten.
Eine Chance, die Big Four einzuholen, haben die Mittelständler jedoch nicht. Das liegt auch an der Digitalisierung, eine Karte, die die Dickschiffe ganz anders spielen können als die kleineren Gesellschaften. Schließlich erfordert die Umstellung hohe Investitionen. Allein PwC lässt sich die Umstellung rund eine Milliarde Euro kosten, Geld, das die Kleinen nicht haben. Dadurch können die Großen ganz anders auftreten. Sie können von jedem beliebigen Standort aus auf die Daten zugreifen und das Unternehmen permanent prüfen. Im Extremfall können sie früh auf Schieflagen hinweisen und so dem Unternehmen bis zum Ende des Prüfzeitraums Zeit geben, Fehler zu korrigieren.
Zu guter Letzt hilft auch die EU den Big Four: Der Zwang für börsennotierte Unternehmen, künftig nach zehn Jahren oder in Ausnahmefällen das Prüfmandat neu ausschreiben zu müssen, fördert laut FAZ eher die Marktkonzentration anstatt wie ursprünglich geplant, die Macht der Big Four zu brechen. Bislang liegen 27 der 30 Dax-Prüfmandate bei PwC und KPMG. Nach einer Ausschreibung dürften neue Mandate aus den genannten Gründen wieder bei den Big Four landen, dann aber eher bei Deloitte und EY. Was einst für die kleineren Prüfungsgesellschaften gedacht war, erfüllt damit nicht das angestrebte Ziel.
Quelle: FAZ, 17. August 2015, Printausgabe, Seite 22
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