Chancen
Die Zeit der Dichter und Denker im Beratungsgeschäft ist vorbei: Es lebe der hart gesottene Restrukturierer! Wirtschaftskapitäne suchen zurzeit Berater, die Unnötiges über Bord werfen, die Kosten senken und wenn es sein muss, auch vor einer Komplettsanierung nicht zurückschrecken.
Auch an der Beraterbranche geht die Wirtschaftskrise nicht spurlos vorbei. Dietmar Fink, Professor für Unternehmensberatung an der Hochschule Bonn/
Rhein-Sieg rechnet mit einer Stagnation des 16,4 Milliarden Euro schweren Marktes, schlimmstenfalls sogar damit, dass sie um zehn Prozent schrumpft.
Allerdings gilt: Immer wenn Vorstände und Aufsichtsräte in Großunternehmen Sorge haben, dass ihr Kopf in Gefahr ist, setzen sie am liebsten auf alt bewährte Beratungsmarken. McKinsey, Boston Consulting Group (BCG), Roland Berger und Booz & Company werden deshalb 2009 vermutlich weniger Federn lassen müssen als der Gesamtmarkt.
Ihre wichtigsten Kunden, die Großkonzerne des Dax haben zwar wegen der unsicheren Wirtschaftslage fast durchweg als erstes ihre millionenschweren Beratungsbudgets um zehn, zwanzig, mitunter sogar 50 Prozent gekappt. Diese Einschnitte werden aber vor allem die Heerscharen von Freelancern und Kleinstberatungen zu spüren bekommen, die nicht vom Vorstand selbst beauftragt werden, sondern vom mittleren Management. Fazit: Auch aus dieser Krise werden mal wieder die Starken gestärkt und die Schwachen geschwächt hervorgehen. Dabei ist der deutsche Beratungsmarkt ohnehin schon von einer klaren Zwei-Klassen-Gesellschaft geprägt.
Rund 14.000 Beratungsfirmen sind mit 78.000 Beratern in Deutschland aktiv, sagt der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU). Ganze 8.000 dieser Unternehmen machen aber mit durchschnittlich 1,5 Beratern einen Umsatz von weniger als 250.000 Euro im Jahr. Die zehn größten Beratungen erwirtschafteten dagegen allein rund ein Fünftel des gesamten Marktvolumens.
Zuversichtlich blickt die Steuerberaterbranche in die Zukunft. "Wenn die Wirtschaft kriselt, steigt der Beratungsbedarf in den Unternehmen", sagt Jürgen Pinne, Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands. Vor allem die Spezialisierungen auf Felder wie Rating, Sanierung und Insolvenzverwaltung, Internationale Rechnungslegung oder Unternehmensnachfolge habe sich angesichts des Konkurrenzdrucks durch Anwälte, Unternehmensberatungen und Banken ausgezahlt. Pinnes Prognose: "Die Banken werden vor allem Steuerberater ins Boot holen."
Bei den Wirtschaftsprüfern ist im Angesicht der Krise der Personalbedarf zwar gesunken, aber hier kommt man von einem hohen Niveau. Allein die vier großen Gesellschaften PricewaterhouseCoopers, KPMG, Ernst & Young und Deloitte suchen 2009 zusammen 4.000 Akademiker. Beste Chancen haben Wirtschaftswissenschaftler, vor allem Absolventen der Fachrichtungen Steuern, Finanzen, Controlling und Rechnungswesen.
Risiken
Wachstumsraten von zehn bis zwanzig Prozent - wie in den vergangenen vier Jahren - wird die Beraterbranche 2009 auf keinen Fall realisieren können. Viele der großen Beratungen wie Boston Consulting Group, Bain oder Booz & Company rechnen mit stagnierenden Umsätzen. Experten wie Eva Manger-Wiemann von der Meta-Consulting-Firma Cardea prognostizieren sogar einen Rückgang des Branchenumsatzes von bis zu 20 Prozent für die kommenden zwei Jahre.
"Wenig gefragt von Kunden sind derzeit Spezialisten für mittel- und langfristig wirkende Prozessoptimierung - zum Beispiel Vertriebsoptimierung, klassische Strategieberatung ohne Umsetzungskompetenz sowie Marketingberatung", sagt Manger-Wiemann.
Mit dem Wechsel von Wachstums- zu Rezessionsprodukten müssen die großen Beratungshäuser 2009 auch ihre Einstellungspolitik anpassen. "In der Krise wollen die Kunden gestandene Berater, die das ABC der Restrukturierung und die spezielle Logik ihrer Industrie bestens beherrschen", sagt Access-Vorstand Jens Ohle: "Blutjungen Hochschulabsolventen dürfte es deshalb in diesem Jahr schwerer fallen, einen Job als Berater zu ergattern."
Julia Leendertse
Quelle: Jobguide Germany 2009