Digitalagenturen setzen im Markt rund 1,4 Milliarden Euro um und konnten sich zuletzt über eine Umsatzsteigerung von 17,6 Prozent freuen. Doch ein so großer Kuchen weckt Begehrlichkeiten und so drängen Werbeagenturen in das Geschäft, aber auch Unternehmensberatungen dringen immer stärker in das Digitalgeschäft vor. Das Problem: Die Digitalagenturen haben es sich in ihrer Nische bequem gemacht, still die Aufträge abgearbeitet und vergessen, unternehmerische Initiativen zu entwickeln. Das rächt sich jetzt. Denn der Beratungsbedarf in den Chefetagen wächst und wäre damit eigentlich ein ideales Wachstumsfeld für die Digitalagenturen.
Doch die Realität sieht anders aus. Unternehmensberatungen und Systemhäuser kaufen sich bei Digitalfirmen ein wie etwa Accenture bei Fjord oder IBM bei Aperto. Parallel dazu gründen Werbeagenturen wie Serviceplan eigene Digital-Beratungstöchter. Deren neue Firma ist im Mai an den Start gegangen. Reagieren die Digitalagenturen nicht, könnte viel Geschäft an ihnen vorbeigehen – und sie sogar obsolet machen.
Dabei spielt die Digitalisierung ihnen eigentlich in die Karten. Den Moment der Wahrheit erlebt der Kunde heute nicht mehr im Supermarkt vor dem Regal, sondern viel früher im Internet. Diesen Wandel haben die Digitalagenturen einst selbst eingeleitet und kennen die Mechanismen ganz genau, wie sie den mündigen Kunden heute im Netz abholen können. Aber sie nutzten das Potenzial nicht, urteilt werben & verkaufen. Sie hätten es versäumt, ihr Expertenwissen in Bares umzumünzen: Sie könnten „Produkte und Dienstleistungen entwickeln wie etwa das Uber-Taxisystem. Noch mehr: Die Digitalagenturen können ihre Kunden aufklären, wie sie neue Geschäftsideen umsetzen.“ Doch weil sie genau das nicht getan haben, sind andere, eben die Werbeagenturen und Consultingunternehmen, in diese Bresche gesprungen. Immerhin haben erste Digitalagenturen auf den Druck reagiert. Kleinere Häuser haben sich zur UDG United Digital Group zusammengeschlossen und kommen mit der Tochter UDG Consulting selbst schon als Beratungshaus daher. In diesem Jahr hat sich schon ein zweiter Verbund, die TWT Digital Group, gegründet. Damit wollen die Agenturen das Manko ihrer geringen Größe wettmachen.
Quelle: werben & verkaufen, 9. Mai 2016, Printausgabe Seite 70