Druck auf britischen Prüfermarkt wächst

Abspaltung oder in kleinere Einheiten zerlegen? Der Druck auf die Big Four in Großbritannien nimmt zu, schreibt die Neue Züricher Zeitung.

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Zwei altbekannte Argumente bekommen die Big Four der Wirtschaftsprüfung in Großbritannien neuerdings wieder zu hören. Erstens: „In der Wirtschaftsprüferbranche gibt es nicht genug Wettbewerb.“ Denn 95 Prozent der 350 größten an der britischen Börse notierten Konzerne lassen ihre Bücher von einem der Big Four prüfen, also von Deloitte, EY, KPMG oder PwC. Und zweitens: „Ihr könnt ja gar nicht mehr unabhängig prüfen. Denn eure internen Interessenkonflikte sind dafür viel zu groß. Prüfung und Beratung gleichzeitig – damit muss jetzt Schluss sein.“

Dass die Diskussion um die Übermacht der großen Vier der Wirtschaftsprüferbranche gerade jetzt und gerade in Großbritannien wieder aufflammt, hat seinen Grund. PwC, KPMG, EY und Deloitte haben sich auf der Insel in jüngster Zeit so einige Fehler und Skandale geleistet, die Kritiker, aber auch die Politik nach der Zerschlagung des Oligopols rufen lassen.

Zwei Optionen stehen im Raum: Entweder lösen sich die Big Four in kleinere Einheiten auf oder aber das Beratungs- und Prüfgeschäft soll strikt voneinander getrennt werden. Weil die Wirtschaft aber auch finanziell potente Prüfer braucht, die länderübergreifend oder gar global prüfen können, geht der Trend unter Experten hin zur Aufspaltung zwischen der Prüf- und der Beratungssparte.

Schuld an der Diskussion sind die Big Four selbst – dank kapitaler Fehler. PwC ist gerade zu einer Geldbuße in Höhe von 6,5 Millionen Pfund verdonnert worden und damit der landesweit höchsten, die je gegen eine Audit-Firma verhängt wurde. Der Grund ist, dass das Haus bei der Buchprüfung der Kaufhauskette BHS 2014 große Fehler machte, worauf die Kette 2016 in die Pleite rutschte und 11.000 Mitarbeiter plötzlich ohne Job da standen.

Auch KPMG wurde im Juni 2018 eine Buße von 3,2 Millionen Pfund auferlegt. Die Prüfer hatten bei den Abrechnungen des Versicherungssoftware-Herstellers Quindell Fehler gemacht und die nötige Sorgfalt vermissen lassen. Auch das Unternehmen Quindell ist mittlerweile längst zerschlagen.

Hauptgrund, warum den Big Four in Großbritannien jetzt wieder der Wind mit voller Wucht entgegenweht, ist jedoch der Skandal rund um die Pleite von Carillion, dem ehemals zweitgrößten britischen Baukonzerns und Dienstleisters für ausgelagerte öffentliche Aufgaben. Im Januar 2018 kollabierte die einst fast 20.000 Mitarbeiter zählende Unternehmensgruppe, die in Großbritannien Schulessen auslieferte, Gefängnisse betrieb, Krankenhäuser reinigte und Wohngebäude für Militärangehörige verwaltete.

Im Mai 2018 legte ein Untersuchungsausschuss des britischen Parlaments einen brisanten Ermittlungsbericht vor, der Carillions Geschäftsmodell als nicht tragfähig beschrieb und der zu dem Ergebnis kam, dass nahezu alle Beteiligten – das Management von Carillion, der Verwaltungsrat, die staatlichen Auftraggeber, Regulierer, aber auch die Wirtschaftsprüfer Mitschuld an dem Kollaps trugen. Von irreführenden Verbuchungen, war die Rede, bei denen unter anderem Schulden nicht korrekt erfasst wurden, aber auch von immateriellen Vermögenswerten, die zu hoch angesetzt wurden, und die Schieflage von Carillion beschönigten. Hier prüften KPMG und Deloitte 19 Jahre lang die Bücher, EY und PwC arbeiteten als Berater.

Fest steht, dass sich künftig etwas ändern wird. Das gilt nicht nur für die Big Four: Ins Visier der Öffentlichkeit ist auch die Regulierungsbehörde Financial Reporting Council geraten. Ihr wird vorgeworfen, sie stehe der Wirtschaftsprüferbranche zu nahe und ermittle viel zu langsam. Jetzt wird auch gegen sie ermittelt.

Quelle: Neue Züricher Zeitung