Herr Höselbarth, Sie haben sich als Headhunter auf die Region Dubai spezialisiert. Welche Chancen ergeben sich im Emirat für Logistiker, Einkäufer, Supply Chain Manager?
Dubai ist aufgrund seiner besonderen geostrategischen Lage eine internationale Drehscheibe für Warenflüsse aller Art geworden. "Emirates" etwa ist bereits heute die größte Fluglinie der Welt. Der Wüstenstaat ist, gerade weil er einen internationalen Knotenpunkt darstellt, für angehende Logistiker und Einkäufer ein exzellentes Karriere-Sprungbrett.
Was erwartet Fach- und Führungskräfte in Dubai - welche interkulturellen Besonderheiten gilt es zu beachten?
Es erwartet sie vor allem ein hohes Arbeitstempo. Das Emirat gehört zu den am schnellsten wachsenden Regionen der Welt. Die enorme Geschwindigkeit im Wirtschaftsleben Dubais hängt mit dem Strukturwandel zusammen. Dubai löst sich aus der Abhängigkeit vom Öls und baut moderne Wirtschaftsbereiche wie insbesondere die Logistik aus. Da nur zehn Prozent der Einwohner der Millionenstadt "Locals" sind, besteht die Herausforderung und der Reiz für die Menschen, die in Dubai arbeiten, wirklich darin, mit allen Nationalitäten dieser Welt konstruktiv zu kooperieren. In diesem Teil der Erde sind Europäer deutlich in der Minderheit, also muss man in der Lage sein, bisher vertraute Gewohnheiten hinter sich zu lassen. Man spürt dort sehr deutlich, dass die Machtverhältnisse der heutigen Welt sich von der westlichen Hemisphäre weg bewegt haben.
Welche Fach- und Führungskräfte sind in Dubai speziell gefragt?
Klar gesagt: die besten 15 Prozent ihres Fachs. Man muss sich von der falschen Vorstellung lösen, in einer ehemals nomadisierenden, einfachen Handel treibenden Nation würde Zweitklassigkeit und Mittelmaß schon ausreichen, um beruflich zu fassen. Hohe Ingenieurleistung, zuverlässige Planung und die klassischen Primärtugenden, die man uns Deutschen im Ausland zuschreibt, sind in den Emiraten geschätzt, verlangt und hoch gefragt.
Welche Verdienstmöglichkeiten gibt es im Nahen Osten?
Da muss man zunächst mit einer Mär aufräumen, nämlich der des schnellen und einfachen Geldes. Die Verdienstmöglichkeiten liegen in etwa auf dem deutschen Niveau, durch den erheblichen steuerlichen Vorteil sind die Nettogehälter aber doch rund 50 Prozent höher. Man traut guten, jungen Leuten in Dubai mehr zu, so dass man bei gezeigter Leistung schneller in der eigenen Karriere vorankommt als anderswo. Ich hatte beispielsweise einen deutschen Consultant als stellvertretenden Leiter des Strategiechefs eines Unternehmens nach Dubai vermittelt, der bereits nach zwei Jahren Vorstand Strategie wurde. Da muss aber eine Menge gleichzeitig stimmen, dass so ein kometenhafter Aufstieg gelingt. Aber in Dubai gilt: "anything goes".
Wer wird gesucht - junge oder auch erfahrene Manager und Fachexperten?
Ausgewogen beides.
Wer nach Dubai geht, geht häufig nicht allein - welche Bedingungen finden Familien vor Ort vor?
Ich denke, dass die Bedingungen, als Familie in Dubai zu leben, mit die besten im Vergleich zu allen arabischen Ländern sind. Man kann sich weitestgehend frei bewegen, übrigens gerade als westliche Frau, und die Stadt gilt als sicher. Nannies, oft aus Thailand, sind in Dubai üblich. Und in seinem Personalausweis als Geburtsstadt "Dubai" stehen zu haben, ist bestimmt nicht verkehrt.
Das Gespräch führte Julia Leendertse. (6. Januar 2011)