Wirtschaftsprüfer EY stellt sich nach Wirecard neu auf

Mit seiner internen Neuausrichtung reagiert die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY auf den Wirecard Bilanzskandal und will damit bei Investoren und Bewerbern aus dem Image-Tief wieder herauskommen.

EY

Nicht nur bei Kunden, auch bei Bewerbern hat das Image von EY, einer der globalen Big Four in der Wirtschaftsprüfung, unter dem Wirecard-Skandal gelitten. Nach einem Bericht des Handelsblatts hat das Unternehmen nun einen Fünf-Punkte-Plan zur Neuausrichtung seiner Wirtschaftsprüfung entwickelt. Die Wirtschaftsprüfung ist eins der Geschäftsfelder des Unternehmens, das darüber hinaus unter anderem Steuer-, Unternehmens, Transaktions- und Rechtsberatung anbietet.

Schwere Vorwürfe und Klagen
EY werden als langjährigem Abschlussprüfer des Zahlungsdienstleisters Wirecard schwere Versäumnisse vorgeworfen. Insbesondere, schreibt das Handelsblatt, werde den Abschlussprüfern vorgehalten, die Scheingeschäfte von Wirecard nicht entlarvt und die Bilanzen stets abgesegnet zu haben. EY ist daher von zahlreichen Wirecard-Aktionären auf Schadensersatz verklagt worden.

Kontrolle vor der Auftragsannahme
Mit der Neuausrichtung gibt sich EY schärfere Regeln für die Annahme neuer Aufträge in der Abschlussprüfung. Künftig soll ein neu geschaffenes „Risk & Audit Quality Board“ über die Auftragsannahme in der Abschlussprüfung wachen.

Risikomanagement personell ausbauen
Personell ausgebaut werden, schreibt das Handelsblatt, soll das interne Risikomanagement mit einer neuen internen Revision. Zusätzlich sollen „Experten aus der Forensik von EY und neue Methoden der Auswertung von Daten und der Medienberichterstattung systematisch einbezogen werden“, heißt es in einem internen Bericht.

Dumme Arbeiten“ übernehmen KI und Roboter
Die Bilanztestierung soll durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Robotik unterstützt werden, mit denen alle großen Wirtschaftsprüfer arbeiten. Dadurch sollen die Mitarbeiter von Standardaufgaben wie Belegbearbeitung entlastet werden und sich besser kümmern können um die Auswertung von „Mustern und Anomalien in den Finanzprozessen konzentrieren, um Regelverstöße, Betrug und Korruption in Unternehmen leichter zu entdecken“.

Kritische Grundhaltung fördern
Die dafür nötige „kritische Grundhaltung“ soll in internen Trainings gestärkt und alle Mitarbeitenden ermutigt werden, „unangenehme Wahrheiten auszusprechen“. Diesem Ziel dient auch eine Whistleblower-Hotline, die nun auch für Dritte von außen geöffnet wird.

Arbeitsbelastung reduzieren
Da sich im Falle Wirecard gezeigt hatte, dass die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter mit zu den Problemen beigetragen hatte, soll diese nun unter anderem durch Neueinstellungen reduziert werden, um in den Prüferteams Überlastungen zu vermeiden.

Kulturwandel wird angestoßen
„Wir haben intensiv daran gearbeitet, mögliche Schwachstellen zu erkennen, um daraus zu lernen, um Konsequenzen zu ziehen – und um unseren Beitrag zu leisten, damit sich ein solches Ereignis nicht wiederholen kann“, zitiert das Handelsblatt aus einem gemeinsamen Schreiben von EY-Geschäftsführung und Aufsichtsrat an die Mitarbeiter. Ziel sei nicht nur die weitere Steigerung der Qualität in der Prüfung, sondern auch ein Kulturwandel im Unternehmen. „Wer schonungslos sucht, wird fündig“, heißt es in dem Schreiben. Dem Unternehmen stehe der „umfassendste Veränderungsprozess in der mehr als hundertjährigen Geschichte“ bevor.

Quelle: Handelsblatt