Für das Geschäft mit Schiffsbuchungen bringen Frauen die richtigen Eigenschaften mit: Sie sind enorm belastbar, können schnell Entscheidungen treffen und Prioritäten setzen, verheddern sich nicht in Machtkämpfen, sprechen sich besser ab und trauen sich auch, Wissenslücken zuzugeben. Das jedenfalls ist die Ansicht von René Mägli, dem Chef einer Baseler Agentur, die als Tochter der Reederei Mediterranean Shipping Company (MSC) für mehr als 450 Containerschiffe Transportdienstleistungen vermittelt. Der Erfolg gebe seiner Einstellungspolitik Recht, urteilt die FAZ am Sonntag: Jährlich steigert die Agentur die Frachtvermittlung um 25 Prozent.
Mägli zahlt gute Gehälter und meint: "Man muss den Frauen mehr zutrauen als sie sich selbst". Dabei treibt der Reeder mitunter die Frauenförderung so auf die Spitze, dass sich jeder Compliance-Abteilung in einem Konzern die Haare zu Berge stellen würden: Der Mann, der eine Frauenquote generell ablehnt, sie aber zugleich übererfüllt ("Als Schweizer bin ich von Natur aus gegen Gesetze"), machte beispielsweise die heute 24-jährige Patrizia di Geronimo ohne Vorkenntnisse zur Finanzchefin. Er setze sie neben sich ins Großraumbüro - es gibt nicht einmal für den Chef ein Einzelbüro -, brachte ihr schrittweise das für den Job wichtige Know-how bei und sieht sich durch den Erfolg bestätigt. Das gilt auch für die Arbeitszeiten. Jede Mitarbeiterin bestimmt selbst, wie viel sie arbeitet.
Das soll nebenbei auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen. Die Frauen wählen, ob sie nach einer Geburt erst einmal weiter mit 40 Prozent arbeiten, aber die meisten seien schnell wieder bei 100 Prozent. Besprechungen finden in der Agentur generell am Vormittag statt. Spätestens um 19.00 Uhr gehen die letzten nach Hause. Überstunden macht keiner, die berufstätigen Mütter hätten dafür schlicht keine Zeit. Hinter der Einstellungspolitik stehe auch kein Altruismus. Sie soll das Geschäft voranbringen - und genau das geschieht eben besser als mit männlichen Kollegen, meint René Mägli und fügt trocken hinzu: "Die Ladys haben dieses Unternehmen zu dem gemacht, was es heute ist".
(2.10.2011) Quelle: FAZ am Sonntag