Hauptkritikpunkt ist die Tatsache, dass die Wirtschaftsprüfer bei allen Banken die Bilanzen testiert hatten, aber nicht in einem einzigen Fall einen Verdacht angemeldet hatten, zitiert das Handelsblatt Sacha Saden, beim britischen Vermögensverwalter Legal & General zuständig für Corporate Governance. Saden gehört einer Initiative europäischer Fondsmanager und Pensionsfonds an, die insgesamt ein Vermögen von 1,7 Billionen Euro betreuen. Die Gruppe fürchtet, dass die großen Wirtschaftsprüfer ein Oligopol aufgebaut hätten, das zu riskanten Interessenkonflikten führt.
Sie fordern daher, dass Prüfer regelmäßig wechseln und schlagen eine Zwangsrotation der Wirtschaftsprüfer vor. Der Wunsch der Anleger: Die Unternehmen sollten alle fünf bis sieben Jahre Prüfungsmandate neu ausschreiben und spätestens nach 15 Jahren den Prüfer wechseln. Außerdem sollten die Honorare, die die Prüfer mit Extra-Aufträgen einstreichen dürften, auf maximal 50 Prozent der Honorare aus dem Prüfmandat begrenzt werden.
Damit fallen die Vorschläge deutlich moderater aus als die ursprünglichen Pläne der EU-Kommission, die die Macht vor allem der Big Four deutlich beschneiden wollte. Dennoch treffen selbst die Kompromissvorschläge der Investoren auf den Widerstand der Wirtschaftsprüfer, die bei einer Realisierung die Qualität der Abschlussprüfung schwinden sehen und eine empfindliche Einschränkung der Entscheidungsfreiheit der Unternehmensführung konstatieren. Das sehen die Investoren aber völlig anders: Die Wirtschaftsprüfer könnten es sich nicht leisten, die Reform scheitern zu lassen. „Am Ende arbeiten die Wirtschaftsprüfer für die Eigentümer der Unternehmen, und das sind wir, die Aktionäre“, betont Natasha Landell Mills von USS, dem Pensionsfonds der britischen Universitäten.
(02|2013) Quelle: Handelsblatt (16.Januar 2013, Printausgabe, Seite 3)