Selbst ambitionierte Junganwälte landen oft schneller in der Karrierefalle, als sie glauben: Um den Sprung in die Partnerschaft zu schaffen, müssen sie deutlich mehr arbeiten oder weiterhin auf der Stelle als angestellter Anwalt weiterdümpeln – und die Karriereambitionen an den Nagel hängen.
Die meisten wählen nach dem Motto „up or out“ den Ausweg und heuern, wenn sie sich mehr Zeit für sich oder die Familie wünschen, auf ruhigeren Posten in den Rechtsabteilungen der Unternehmen an. Gerade die Generation Y wünscht sich eine bessere Work Life Balance. Das ergab das Arbeitgeberranking der Beratungsgesellschaft Universum – und genau darauf haben die Kanzleien, Sozietäten, aber auch Unternehmensberatungen jetzt reagiert. Sie bieten eine Karriere light an, mit pünktlichem Feierabend, abgeschalteten Handys, aber auch deutlich weniger Geld. Linklaters etwa offeriert eine 40-Stunden-Vollzeitwoche, aber auch unterschiedliche Teilzeitmodelle, Youlink nennt sich das neue Arbeitszeit- und Karrieremodell in der internationalen Sozietät.
Für die Sozietäten deutet sich damit eine Zweiklassengesellschaft in ihren Büros an, mit vielarbeitenden Großverdienern und normalen Angestellten, zwischen denen die Aufteilung der Arbeit schwerfällt. Einsteiger bei Linklaters mit dem Youlink-Karriereweg erhalten 80.000 Euro zum Einstieg, ein „normaler“ Vollzeitbeschäftigter 120.000 Euro, erstere verzichten zudem auf den Einstieg in die Chefetage. Für sie ist kein Partnerstatus drin. Wer M&A-Projekte betreut, von dem erwarten Auftraggeber ständige Erreichbarkeit, weshalb die Youlink-Karrieristen dafür nicht in Frage kommen.
Noch hat keiner das neue Programm angenommen, was auch daran liegen mag, dass in Topkanzleien generell das Wort „Teilzeit“ täuscht. So arbeiten etwa bei CMS Hasche Sigle zehn Juristen auf Partnerebene Teilzeit, was aber immer noch eine 45-Stunden-Woche bedeutet.
Nicht viel anderes sieht es bei den Beratungen aus. Dort müssen die Consultants oft Tage und Wochen bei Kunden verbringen, können aber etwa bei McKinsey dank des Programms „Take Time“ bis zu zwei Monate unbezahlten Urlaub nach einem Projekt nehmen. Wie schädlich Abwesenheit für die Karriere ist, kann noch kein Experte abschätzen. Klar ist nur, dass für Beförderungen Anwesenheit enorm wichtig ist.
Quelle: Wirtschaftswoche, 26.05.2017, Printausgabe;
Wiwo online, 1. Juli 2016