Roland Berger und das Geschäft mit den Behörden

Nach Jahren der Krise sieht sich das Beratungshaus Roland Berger seit 2015 wieder im Vorwärtsgang. Deutschlandchef Stefan Schaible sprach mit der FAZ über das derzeitige Berger-Geschäft mit den Behörden.

Roland Berger

Zwischen Amerika, wo die Dienstleistung Consulting einst erfunden wurde,  und Deutschland liegen Welten, was die Auftragsvergabe an Unternehmensberater durch den Staat angeht. In den USA erzielt die Beratungswirtschaft rund 30 Prozent ihres Umsatzes im öffentlichen Sektor, in Deutschland sind es gerade mal zehn Prozent.

Das Geld ist schon deshalb nicht ganz so leicht verdient, weil die Medien hierzulande Staatsaufträge für Berater besonders kritisch beäugen - und das brachte auch die deutsche Beraterikone Roland Berger und das gleichnamige Beratungshaus über viele Jahrzehnte mehr als nur einmal in die Schlagzeilen.

Doch seit der Firmengründer und Namensgeber „der einzigen großen Strategieberatung mit deutschen Wurzeln“ nicht mehr die Geschicke des Beratungshauses lenkt, sondern seit 2014 der Franzose Charles-Edouard Bouée, ist die Unternehmensberatung Roland Berger insgesamt in der Öffentlichkeit nicht mehr ganz so präsent. Was auch damit zu tun hat, dass das Haus nach gleich zwei gescheiterten Fusionsgesprächen mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte 2013 in eine tiefe Krise geraten war, von der es sich nur allmählich erholte. 

Doch dass das Geschäft mit den Behörden nach wie vor ein großes Thema bei Roland Berger ist, zeigte jetzt ein Managerporträt des amtierenden Deutschland- und Europachefs von Roland Berger, Stefan Schaible, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der studierte Chemiker und Jurist ist selbst Spezialist für große Infrastrukturprojekte sowie Experte für die Beratung im öffentlichen Sektor.

Er sprach mit dem Wirtschaftsblatt über die Beratungsarbeit von Roland Berger im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Beide Häuser holten Berger ins Haus, um ihre Effizienz zu steigern und ihre Abläufe zu verbessern. Beim Bamf geht es vor allem darum, die Flut an Asylanträgen der Flüchtlinge besser in den Griff zu bekommen. Schaible betonte, dass gerade die IT-Umstellung im Bamf hoch komplex sei. Er könne verstehen, dass manche Beamte wenig begeistert wären, wenn man ihnen einen hochbezahlten Berater zur Seite stellt. In einer solchen Situation mit dem Habitus zu kommen, dass man alles besser wisse, sei deshalb auch grundverkehrt. Doch manchmal brauche eine Organisation so viel Veränderung, dass es ohne Hilfe von außen eben nicht gehe.

Beim Bamf führte Roland Berger zum Beispiel eine Sprach-Software für die Erkennung von arabischen Dialekten ein. Oftmals könnten Asylbewerber keinen gültigen Pass vorlegen, weil sie unter den schwierigen Fluchtbedingungen verloren gegangen sind. Manche Asylbewerber schwindelten aber auch, was ihre Herkunft angeht, um ihre Bleibechancen zu erhöhen. Die Sprach-Software soll den Fallbearbeitern dabei helfen, besser zu erkennen, wer schwindelt und wer nicht. Bislang befindet sich die Software allerdings noch in der Testphase. Es gebe so viele verschiedene arabische Dialekte, und deren Grenzen verliefen zudem anders als Ländergrenzen, sodass die Sache doch sehr komplex sei, verriet Schaible der FAZ.

Quelle: FAZ (PRINT), 16. August 2017, Seite 20