Supermänner ohne Ausbildung

Schlecker, Karstadt, Kirch-Gruppe, Solon - immer häufiger werden Insolvenzverwalter eingeschaltet, wenn gerettet werden soll, was anscheinend nicht mehr zu retten ist. Insolvenzverwalter müssten deshalb im Grunde Supermänner sein: sie müssen schnell verstehen, was ein Unternehmen macht, wo die Ursachen für die Pleite liegen und wie es weitergehen kann.

Aber: Für Insolvenzverwalter gibt es weder eine Ausbildung noch eine Berufsordnung: Der Gesetzgeber schreibt lediglich vor, dass sie "geschäftskundig" und "unabhängig" sein müssen, schreibt der Tagesspiegel.

Tatsächlich gehen die Verwalter höchst unterschiedlich an ihre Aufgabe heran. Während die einen eher schnell abwickeln, bemühen sich andere darum, Unternehmen und Arbeitsplätze zu retten. Die Abwicklung eines Unternehmens ist natürlich viel schneller zu stemmen als sein Erhalt, weshalb zu viele Insolvenzverwalter Pleiteunternehmen einfach abwickeln. Auch weil ihre Bezahlung von der Insolvenzmasse abhängt. Je mehr Unternehmen ein Insolvenzverwalter in einem bestimmten Zeitraum abwickelt, desto mehr verdient er. Ob er das Unternehmen und damit auch die Arbeitsplätze rettet, spielt bei seiner Bezahlung keine Rolle. Nicht selten soll bis zu 70 Prozent der Insolvenzmasse an den Insolvenzverwalter gehen - obwohl es nach der Regelvergütung eigentlich nicht mehr als 40 Prozent sein sollten.

Die Entscheidung, ob ein Unternehmen weitergeführt werden kann, fällt meist in den ersten 24 Stunden. Wer Insolvenzverwalter wird, legt der Insolvenzrichter fest. Und dafür gibt es kaum Regeln. "Im Prinzip kann jeder Insolvenzverwalter werden", sagt Hans Haarmeyer, Professor für Wirtschafts- und Insolvenzrecht. "Sie müssen nur einen netten Richter finden, der Sie sympathisch und vertrauenswürdig findet." Immerhin kommen mit der Reform der Insolvenzrechts ab März neue Vorgaben: So sollen Gläubiger schon zu Beginn des Verfahrens Einfluss auf die Auswahl der Verwalter nehmen können.

(29.01.2012) Quelle: Tagesspiegel

Insolvenzverwalter