„Klassische, strategische Beratung ohne fundiertes Praxiswissen um die Möglichkeiten der digitalen Technologien, ist heute so gut wie wertlos“, sagt Volkmar Varnhagen, Deutschlandchef der Consultingsparte des Management- und IT-Beratungshauses Capgemini. Allein in den vergangenen fünf Jahren seien Schlüsseltechnologien wie die Cloud, Smart Phones und Echtzeit-Datenanalysetools auf den Markt gekommen, die dazu führten, dass Unternehmen so gut wie aller Branchen ihre Geschäftsmodelle nicht nur überarbeiten, sondern völlig neu denken müssten.
„Der Umfang und die Schnelligkeit mit der die Digitalisierung die Märkte verändert, sind einerseits gut für die Beraterbranche. Denn die Konzerne und Mittelständler brauchen Berater, die sie in das neue digitale Zeitalter begleiten“, bestätigt auch Eva Manger-Wiemann, Partnerin der Schweizer Metaconsultingfirma Cardea. „Doch in vielen Beratungshäusern stellt sich jetzt die bange Frage, ob die eigenen Leute auch noch die richtigen sind“.
Eine besondere Herausforderung sei die digitale Revolution für gestandene Partner mit zwanzig Jahren Beratungserfahrung auf dem Buckel, die sich oftmals nicht sicher seien, ob sie sich das nötige Rüstzeug für die digitale, stark technologiegetriebene Ökonomie überhaupt noch aneignen können.
Kein Wunder, dass sich IT-und Technologieberater wie Accenture und Capgemini derzeit im Vorteil gegenüber den klassischen Strategieberatern sehen. „Wir haben das Thema digitale Transformation schon lange auf der Agenda“, sagt Varnhagen von Capgemini. „Erfahrene Strategieberater, die wissen, wie man Geschäftsmodelle rechnet und Daten mit Verstand analysiert, sind auch in Zukunft sicher noch gefragt“, sagt der Capgemini-Mann. „Daneben braucht es aber heute noch völlig andere Berater- und Mitarbeitertypen, mit neuen, digitaleren Fähig- und Fertigkeiten“.
Die Digitalisierungswelle erfasse diesmal alle Lebensbereiche. Und so sieht Accenture Deutschlandchef Frank Riemensperger etwa seine Mannen als Master-Plan-Architekten und Spezialisten für digitale Services jedweder Coleur. Seite an Seite mit Konzernkunden will der Technologiegigant neue digitale Geschäftsmodelle aus dem Boden stampfen. Seit letztem Herbst ist Accenture Co-Investor der Omnetric Group, hält 49 Prozent der Anteile. Der Rest gehört Siemens. Das Joint Venture ist ein 100-Mann-Unternehmen mit Sitz in München. Gemeinsam will man Energieversorgern in Europa und den USA beim Aufbau und Betrieb intelligenter Stromnetze unter die Arme greifen. Siemens liefert die Technik, Accenture die Expertise bei Beratung, Systemintegration sowie das Know-how rund um das Management von Betreiberlösungen.
Die Idee hinter der Kunden-Berater-Koproduktion Omnetric: Um den steigenden Anteil dezentral erzeugter Energie steuern und stets Versorgungssicherheit garantieren zu können, muss die Energiewirtschaft verstärkt in sogenannte Smart Grids – intelligente Steuerungssysteme – investieren. Aber wenn die Energieversorger schon nicht selbst das Risiko eingehen wollen, um die Infrastruktur alleine aufzubauen, dann muss man ihnen eben dabei helfen. Langfristig könnte sich der Deal tatsächlich auszahlen, schließlich müssen künftig immer größer werdende Datenmengen gemanagt werden. Und so wittert das als Beratungshaus gestartete Unternehmen Accenture hier ein Wachstumsfeld. „Rund die Hälfte unseres Umsatzes von 28,6 Milliarden Dollar weltweit machen wir bereits heute außerhalb des klassischen Projektgeschäfts“, sagt Riemensberger: „Unternehmen dabei zu unterstützen, intelligente Produkte im intelligenten Netz zu betreiben, wird der nächste große Trend für die kommenden zehn Jahre sein.“
Quellen: Wirtschaftswoche, 10. März 2014, Printausgabe Seite 84, eigene Recherchen