Die Börsen-Zeitung blickt nüchtern auf die Zahlen: KPMG-Vorstandssprecher Klaus Becker habe sein Versprechen, die Effizienz des Unternehmens zu steigern, eingelöst. Umsatz und Profitabiltät hätten überproportional zugenommen und das Unternehmen erwarte ein robustes Wachstum. Becker habe – wie versprochen – den ehemals 16-köpfigen KPMG-Vorstand auf ein schlankes Leitungsgremium von vier Managern verkleinert. Die operativen Geschäftsbereiche würden jetzt von Bereichsvorständen und Managing Partnern verantwortet. Der Tantiementopf für die derzeit 546 Partner sei prozentual deutlich zweistellig gestiegen, verteilt werde nach Leistung. Überdies hätte KPMG im Geschäftsjahr 2011/2012, das im September endete, über alle Bereiche hinweg rund 1.500 Mitarbeiter neu eingestellt, unterm Strich sei damit die Belegschaft um 168 Mitarbeiter gewachsen. Und auch 2012/2013 werde KPMG in ähnlicher Größenordnung beim Personal zulegen.
Die FAZ findet, dass sich Beckers Bilanz „sehen lassen kann“. Selbst in der von harten Preiskämpfen geprägten Wirtschaftsprüfungssparte hätte KPMG mit 550 Millionen Euro Umsatz um 0,2 Prozent leicht zugelegt. In der Steuerberatung sei KPMG sogar deutlich gewachsen. Mit einem Umsatzplus von 26 Prozent auf 403 Millionen Euro hätte aber 2011/2012 vor allem die Beratungssparte enorm zugelegt. Beckers Expansionsziele seien ehrgeizig. Er erwarte denn auch von seinem Unternehmen eine „Verstetigung des Wachstumstrends“ in 2012/2013.
Das Handelsblatt zitiert Brancheninsider, denen zufolge die Unzufriedenheit in der KPMG-Belegschaft angeblich hoch sein soll. Noch nie sei es so einfach gewesen, junge, talentierte Mitarbeiter von dem Haus abzuwerben. Ganze Teams hätten sogar bereits versucht, bei anderen WP-Gesellschaften unterzukommen. Die hohe Unzufriedenheit wertet das Handelsblatt als Folge der harten Einschnitte, die KPMG-Chef Klaus Becker vor allem bei Mitarbeitern der unteren Gehaltsstufen vorgenommen habe. Der Bonus für die nicht-leitenden Mitarbeiter in der Verwaltung sei gestrichen worden. Zwar hätten die Betroffenen eine Gehaltserhöhung von 2,2 Prozent erhalten, müssten dafür aber im Gegenzug auf die Überstundenzulage verzichten. Unabhängig von Alter und Betriebszugehörigkeit sei der Jahresurlaub für alle auf 30 Tage angepasst worden. Und zum Jahreswechsel gebe es zum ersten Mal Betriebsferien, um die Energie- und Heizkosten zu senken. Vor allem aber warf das Handelsblatt KPMG schlechten Stil vor. Um einem kritischen Beitrag des Manager Magazins noch vor seiner Veröffentlichung entgegenzuwirken, habe KPMG eilig eine Pressekonferenz anberaumt und den geladenen Journalisten den Fragenkatalog der Manager-Magazin-Kollegen nebst KPMG-Stellungnahme ausgehändigt. Wirtschaftsprüfung erfordere „Diskretion und Verschwiegenheit“, urteilt das Handelsblatt. Und genau gegen diese Prinzipien habe KPMG eklatant verstoßen, um ein Dementi zu erreichen, noch bevor ein Bericht überhaupt erschienen sei.
Das Manager Magazin berichtet, dass die Restrukturierung bei KPMG für erhebliche Unruhe gesorgt habe. Das Haus verliere Führungskräfte und Partner. Die Belegschaft müsse sich auf Kürzungen einstellen. Vor allem die Wirtschaftsprüfersparte der KPMG habe in den vergangenen Monaten mehrere prominente Mandate verloren, darunter ThyssenKrupp und die HypoVereinsbank. Nicht aufgegangen sei Klaus Beckers Plan, zusammen mit den KPMG-Gesellschaften aus den Niederlanden und Großbritannien ein mit Billgarbeitskräften besetztes Servicecenter in Prag aufzumachen. Stattdessen werde nun in Leipzig ein kleineres Center eröffnet, in der Steuerfachangestellte Standardaufgaben erledigten.
(November 2012) Quellen: Börsen-Zeitung, FAZ (Print), Handelsblatt (Print), Manager-Magazin