Die Etatvergabe zur Vermarktung des Nachrichtenportals „Vatican News“ sorgte für Furore. Denn den Auftrag, für den Heiligen Stuhl das digitale Nachrichtenportal aufzubauen und den Vatikan in puncto Vermarktung zu beraten, erhielt nicht etwa eine klassische Werbeagentur, sondern die Digitaltochter eines IT-Beraters Accenture Interactive.
Der Sieg eines Beraters im Kampf um einen Werbeetat steht symptomatisch für den Trend, dass Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater immer stärker in den Werbemarkt drängen. Ganz nach der Logik: Wenn ich den Kunden schon in Sachen Strategie oder neue Produkte berate, kann ich auch gleich die Vermarktung übernehmen.
Ablesen lässt sich diese Entwicklung schon seit einigen Jahren an dem Vorgehen der großen Beratungs- und Prüfungshäuser: Sie kaufen oder übernehmen in letzter Zeit immer häufiger gezielt Werbe- und Digitalagenturen. Allen voran Accenture. Die Management- und Technologieberatung hat seit 2013 weltweit fast 20 Übernahmen im Marketingbereich getätigt, darunter den Kauf der irischen Agentur Rothco, der amerikanischen Wire Stone oder der deutschen Sinner Schrader.
Neben Übernahmen entwickeln sich auch Kooperationen zwischen Beratern, Prüfern und Werbern als interessante Alternative. So macht die französische Agentur Publicis gemeinsame Sache mit der IT-Beratung Capgemini. Zusammen wollen sie in einem Großprojekt die Fast-Food-Kette McDonald‘s digitaler machen. Kunden sollen künftig ihre Menüs gleich per Smartphone bestellen und ordern. Ganz nebenbei sammelt die Burgerkette so wertvolle Daten für die Fortentwicklung des Geschäfts.
Das bleibt für die Werbebranche nicht ohne Folgen. In der Rangliste der zehn größten Werbeagenturen der Welt finden sich mittlerweile mit ihren Marketingablegern gleich vier große Beratungs- und Prüfungshäuser: Accenture, PwC, IBM und Deloitte, die zusammen 13 Milliarden US-Dollar umsetzen.
Das setzt die großen Werbeagenturen unter Druck. Die britische WPP-Gruppe, die mit Häusern wie Ogily oder Young &Rubicam die weltweit größte Agentur ist, revidierte bereits ihre Umsatzprognosen. Statt ein- oder gar zweistelliger Wachstumsraten verkündete WPP-Chef Martin Sorrell, dass sein Haus froh sein könne, wenn 2017 ohne nennenswerte Verluste zu Ende ginge.
Die Konkurrenz macht er aber nicht in den Beratungen und Prüfern aus, deren Auftauchen in der Top10 der größten Agenturen er als „fake news“ bezeichnet. Für ihn kommt die Gefahr von Google, Facebook und Co. Das widerspricht aber auch ein wenig den eigenen Erfahrungen. Denn in Pitches, dem Kampf um einen neuen Werbeetat, trifft sein Haus immer häufiger auf Prüfer- und Beraterkonkurrenz. Das war zuletzt rund zwölf Mal der Fall, in neun Ausschreibungen konnte er noch den Sieg feiern.
Quelle: FAZ, 7. Januar 2018, Printausgabe