Betriebsrenten sind Insolvenzrisiko

Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat die Bilanzkennzahlen von mehr als 70.000 Unternehmen unter die Lupe genommen. Die Rückstellungen für Betriebsrenten und die niedrigen Zinsen schmälern die Jahresüberschüsse, schreibt Capital.

 

Bildnachweis: Gabriele Rohde/fotolia

Gerade in guten Zeiten haben viele Unternehmen ihren Mitarbeitern eine Betriebsrente versprochen. Das Problem: Gerade der Mittelstand hat die dafür notwendigen Rücklagen oft in Immobilien und Maschinen gesteckt – ohne auch eine Versicherung dafür abzuschließen. Dass sie irgendwann einmal dieses Kapital auch auszahlen müssen, wurde geflissentlich übersehen und reißt nun finanzielle Lücken, die für die Unternehmen zu Gefahr werden. Den einstigen europäischen Branchenführer für Strumpfhose, Kunert, hatte dies 2013 in die Insolvenz getrieben. Er hatte Betriebsrenten eingeführt, als noch 6.000 Mitarbeiter im Konzern arbeiteten. Zuletzt machten die Pensionsverpflichtungen 19 Millionen Euro aus, während die Bilanzsumme bei nur 47 Millionen lag. Gleichermaßen hatten die Betriebsrenten den mittelständischen Modelleisenbahnhersteller Fleischmann in die Insolvenz gebracht.
Schließlich müssen Unternehmen mit betrieblicher Altersvorsorge entweder Versicherungsbeiträge zahlen oder Rückstellungen dafür in der Bilanz bilden – und beides erhöht den Aufwand. Als Folge sinken wegen der fehlenden Liquidität die Investitionen und die Eigentümer müssen nachschießen oder im schlimmsten Fall Insolvenz anmelden. Normalerweise übernimmt der Pensionssicherungsverein (PSV) die Verpflichtungen, wenn ein Betrieb Pleite geht. Doch das System, so warnt Capital, scheint an die Grenzen gekommen zu sein, da allein die Arcandor-Pleite den PSV rund vier Milliarden Euro gekostet hat und fast dessen Ruin bedeutet. Der PSV will sich dazu nicht äußern, fest steht nur, dass für die Wirtschaftsprüfer mit den Betriebsrenten künftig ein ganz wichtiges Thema auf der Prüfungsagenda steht.

Quelle: Capital, 16. September 2015

>> Zu den e-Magazines