Begeistert ist Wiebke Klauder auch von den Stationen, die sie im RWE-Konzern bisher durchlaufen hat. Derzeit ist sie eingesetzt bei RWE Power, der ehemaligen Rhein-Braun, in der alle deutschen Kraftwerke geführt werden, also dem „Herzstück des Unternehmens“,
wie sie erzählt. Hier ist sie unter rund 650 Mitarbeitern eine von neun Frauen. Aber das schreckt Wiebke Klauder nicht im mindesten. Dass sie in eine Männer-Welt kommen würde, war ihr schon im Studium klar, wo nur ein Viertel ihrer Mitstreiter weiblich waren. Aber das war ihr egal, ihr ging es um die Inhalte.
Von ihrem Vater hat sie zuhause schon so einiges über Ingenieurtätigkeiten gehört. Sowas wie er wollte sie jedoch nie machen. Der war auch Bauingenieur beim Straßenbauamt, wo er Kiesgutachten erstellte. Das findet Wiebke Klauder jedoch nicht spannend. Mit
Umweltschutz will sie zu tun haben, das hat sie schon in der Schule fasziniert. Und so formuliert sie ihr Ziel für ihren zukünftigen Beruf ebenso klar wie ungewöhnlich: „Ich will Flüsse renaturieren.“ Aber was man dafür idealerweise studieren soll, ist ihr erstmal nicht so klar. Ingenieurwissenschaften sollen es sein, aber nach einem Schnupperstudium
in Chemieingenieurwesen fällt diese Option schon mal raus, trotz Leistungkurs Chemie in der Oberstufe. Auch Architektur passt nicht wirklich: „Das ist zu künstlerisch, da bin ich nicht begabt, ich habe immer gerne gerechnet.“
Da fügt es sich günstig, dass 1997 an der TU Hamburg-Harburg gerade zwei neue Professoren beginnen, die sich mit Wasserbau und Geotechnik befassen. Das Studium ist genau das Richtige, doch als Wiebke Klauder 2004 ihr Examen macht, gestaltet sich die Lage auf dem Arbeitmarkt nicht gerade rosig: „Meine Kommilitonen haben teilweise ein ganzes Jahr nach einem Job gesucht.“
Klauder hingegen entscheidet sich, erstmal noch eine Weile bei der Wissenschaft zu bleiben, nimmt am Ökologiezentrum der Uni Kiel an einem europäischen Forschungsprojekt teil. Darin geht es um die umweltschonende Nutzung von Moorböden in mehreren europäischen Ländern. Hier kommt die Bauingenieurin ihrem ursprünglichen
Berufsziel schon ein dickes Stück näher, beschäftigt sich mit Bodenproben und der Ansiedelung seltener Pflanzen.
Doch nach eineinhalb Jahren rückt sie noch näher an ihren Traum heran. Denn die Beziehungen der Kieler Forscher zur RWTH Aachen führen dazu, dass sie in die rheinische Tiefebene wechselt, um weiter zu forschen. Dass ihr Freund in Düsseldorf lebt, ist ein
nicht gerade unerwünschter Nebeneffekt. Am Aachener Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft kümmert sie sich um Filterversuche an Brunnen und Talsperrendämme, Sedimente in Staubecken und Prognoserechnungen zum Grundwasser.
Ein Teil der Forschungaufträge des Instituts kommt von der RWE Power AG. Und als die dann ein Traineeprogramm ausschreiben, ist für Wiebke Klauder klar, dass das passt und sie sich bewerben muss, nicht nur, weil in der wasserwirtschaftlichen Abteilung der
RWE Power schon einige ehemalige RWTHler arbeiten.
Das 15 monatige Traineeprogramm führt Klauder zunächst in den Entwässerungsbetrieb des Unternehmens. Hier werden Brunnen gebaut, rund 200 jedes Jahr, die bis zu 700 Meter tief in die Erde gehen und einen Durchmesser haben von bis zu eineinhalb Metern:
„In dem Braunkohle-Gebiet zwischen Köln und Aachen geht es darum, wegen des hohen Druckwasserspiegels unterhalb und oberhalb der Kohle-Schichten Entlastungsbohrungen anzusetzen und Ableitungssysteme für das Wasser zu bauen“, erklärt die Ingenieurin.
Eine weitere Station im Traineeprogramm verbringt Klauder bei RWE Innogy in Hamburg, wo sie im Gründungsteam am Bau von Offshore-Windkraftanlagen in der Nordsee vor Helgoland
mitwirken darf. Hier ist der Anteil der Frauen deutlich höher als bei RWE Power und das Team ist jünger.
Derzeit sitzt Wiebke Klauder an der Schnittstelle zwischen Betrieb und Planung, was ihr großen Spaß macht. Aber es ist ihr auch klar, dass sie da nicht bleiben wird, denn „hier im Konzern bekommt man innerhalb kürzester Zeit neue Aufgaben“. Aktuell
wird sie im Betrieb darauf vorbereitet, Personalverantwortung zu übernehmen.
Annette Eicker