Die McKinsey-Kultur ist bunter als viele denken

McKinsey-Recruitingchef Thomas Fritz über die ungebrochene Faszination der Marke McKinsey sowie den Trend zum Spezialistentum und zum Quereinstieg in der Beratungswelt.

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JobguideXpress: Herr Fritz, die Wirtschaft klagt über nachlassende Bewerberzahlen. Wie sieht es damit bei McKinsey aus?

Fritz: Wir können nicht klagen. In diesem Jahr werden wir bis Ende Dezember zwischen 220 bis 230 neue Berater an Bord genommen haben. Wir betreiben intensives Recruiting, veranstalten viele Events, entsprechend stabil sind unsere Bewerberzahlen. Am wichtigsten für uns aber ist, dass sich 2012 wieder viele Kandidaten bei uns beworben haben, die für uns genau die Richtigen sind.

JobguideXpress: Wer ist denn richtig bei Ihnen?

Fritz: Rein statistisch gesehen rekrutieren wir einen Mix aus 50 Prozent Wirtschaftswissenschaftlern und etwa noch mal so vielen Ingenieuren, Natur- und Geisteswissenschaftlern sowie Juristen und Medizinern. Zwei Drittel kommen direkt von der Uni zu uns und ein Drittel verfügt bereits über drei bis acht Jahre Berufserfahrung. Allen gemein ist, dass sie die analytischen Fähigkeiten und die Lust mitbringen, in großer Geschwindigkeit zu lernen und dadurch in anspruchsvollen Projekten in der Lage sind, entscheidende Impulse zu liefern.

JobguideXpress: Wie begegnet McKinsey dem Trend, dass Beratungskunden statt Generalisten vermehrt praxiserfahrene Spezialisten nachfragen, die eine Branche oder ein Fachgebiet aus erster Hand kennen, also dort selbst nicht nur als Berater, sondern auch als verantwortliche Fach- oder Führungskraft gearbeitet haben?

Fritz: Schon seit einigen Jahren gibt es bei McKinsey nicht nur die Möglichkeit, als Berufseinsteiger zunächst eine Generalistenausbildung zu absolvieren. Wir veranstalten auch eigene Recruiting-Events für Young Professionals und Professionals, die nach drei, fünf oder auch acht Jahren in der Industrie den Wunsch verspüren, ihre Karriere wieder auf breitere Füße zu stellen. Unter dem Titel „Perspektivenwechsel“ haben wir kürzlich zum Beispiel solche Kandidaten zu uns eingeladen, um mit ihnen ganz allgemein darüber zu sprechen, wie ihre bisherige Karriere verlaufen ist, welche anderen Perspektiven sie für sich sehen und was ihnen der Einstieg bei McKinsey bringen könnte. Die meisten gehen davon aus, dass wir vor allem Hochschulabsolventen rekrutieren. Dass wir jedes Jahr im Schnitt aber zusätzlich 70 bis 80 berufserfahrene Branchenspezialisten neu anstellen, ist weniger bekannt.

JobguideXpress: Wie leicht oder wie schwer fällt es Quereinsteigern, sich in die McKinsey-Kultur zu integrieren?

Fritz: Wir arbeiten schon seit längerem daran, unsere Organisation so aufzustellen, dass Quereinsteiger und Spezialisten einen optimalen Einstieg bekommen und ihren eigenen Weg machen können. Die Zeiten, in denen unsere Beratung ausschließlich nach dem Pyramidenprinzip funktionierte, also die Karriere und Weiterentwicklung von Hochschulabsolventen bei uns nur nach dem Up-or-Out-Prinzip erfolgte, sind schon seit längerem vorbei. Heute gibt es für Spezialisten eigene Karrieremodelle. Zudem ist die McKinsey-Kultur wahrscheinlich bunter als man von außen denken würde. Das Image des smarten Anzugträgers ist nur ein Teil der McKinsey-Welt. Ich selbst habe längere Zeit in der Operations-Sparte gearbeitet. Die Menschen, die dort tätig sind, würden Sie vermutlich, wenn Sie Ihnen am Flughafen begegneten, rein äußerlich nicht als McKinsey-Mitarbeiter identifizieren. Da sind viele bodenständige Leute dabei, die hohe Umsetzungskompetenz mitbringen. Sicher ist und bleibt die Kernkompetenz von McKinsey die Strategieberatung, das heißt aber nicht, dass wir praxisfern sind.

JobguideXpress: Was macht die Faszination der Arbeitgeber-Marke McKinsey aus und hat sich hier in den letzten Jahren etwas verändert?

Fritz: Die Menschen kommen aus den unterschiedlichsten Motivationen zu McKinsey. Viele reizen die zahlreichen Möglichkeiten, die sich in einer Strategieberatung bieten, die in allen Branchen und Funktionen unterwegs ist. In den letzten Jahren ist möglicherweise die Zahl der Bewerber gestiegen, die es schätzen, dass McKinsey auch ungewöhnliche Themen vorantreibt, sich also mit Klimaschutz oder der Bekämpfung der Wasserknappheit beschäftigt. Manche kommen auch, weil McKinsey einfach einen exzellenten Ruf genießt, über ein einzigartiges Alumni-Netzwerk verfügt und ein gutes Karrieresprungbrett ist. Andere finden es toll, wenn sie an komplexen Projekten und großen Veränderungen teilhaben, von denen man jeden Tag in der Zeitung liest. Nicht wenige, die erst nach einigen Jahren im Beruf zu uns kommen, wollen ihren Wirkungskreis erweitern. In dem Konzern, in dem sie vorher gearbeitet haben, waren vielleicht ihre Stelle und ihre Entwicklungsmöglichkeiten schon zu spezialisiert und eingegrenzt.

JobguideXpress: Kommt jemand, der vorher schon mehrere Jahre in der Industrie hart geknüppelt hat, noch so engagiert und leistungsorientiert daher, wie ein Uni-Frischling?

Fritz: Warum nicht?

JobguideXpress: Ist der Wunsch nach Work-Life-Balance ein Dauerthema in Ihren Bewerbungsgesprächen?

Fritz: Ja, ist es und wir haben darauf reagiert. Seit dem letzten Jahr bieten wir die sogenannte Personal Time an. Zweimal im Jahr können unsere Mitarbeiter ihre persönlichen Wünsche anmelden, ob sie zusätzlich zu ihrem Urlaub im nächsten Jahr zwei Monate Auszeit nehmen möchten. Für Manager aus der Linie, die es gewohnt waren, keine drei Wochen am Stück Urlaub machen zu können, klingt die Personal Times einfach traumhaft.

JobguideXpress: Wie viele Neueinstellungen plant McKinsey in Deutschland 2013?


Fritz: Genau legen wir das immer erst gegen Jahresende für das kommende Jahr fest. Aber die Größenordnung wird vermutlich ähnlich hoch liegen wie schon in 2012.

Das Gespräch führte Julia Leendertse.

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