Wer Berater bei Egon Zehnder werden will, dem hilft es wenig, sich bei der Nummer zwei der Top-Personalberatungen weltweit zu bewerben. Er muss das Glück haben, gefragt zu werden. Sechs von 16 Beratern bei Egon Zehnder in der Schweiz kommen von der Unternehmensberatung McKinsey – wie schon der Firmengründer Egon Zehnder selbst.
Zwischen 20 bis 50 neue Köpfe nimmt die Personalberatung jedes Jahr auf. Die formalen Voraussetzungen, um als Kandidat in Frage zu kommen, sind zwei Studienabschlüsse oder ein Doktortitel und dazu zehn Jahre Berufserfahrung mit besonderen Meriten. Vor ihrer Aufnahme steht für die Kandidaten ein wahrer Interviewmarathon an, 30 bis 40 Gespräche mit zukünftigen Partnerkollegen aus aller Welt gilt es durchzustehen und am Ende ein Interview mit dem 83-jährigen Firmengründer Egon Zehnder höchst persönlich. Geprüft wird weniger die fachliche Kompetenz, die wird – so schreibt Bilanz – vorausgesetzt, sondern mehr, ob der Kandidat in die Zehnder-Familie passt, also „langfristig orientiert ist, teamfähig, nicht primär geldbetrieben, kundenorientiert, mit Interessen außerhalb der Arbeit und stabilem Familienleben“.
Nicht ohne Grund wurde das 426-Berater zählende Haus in der Vergangenheit immer wieder mit einem Jesuitenorden verglichen. Zwar vermittelt Zehnder seinen Firmenkunden häufig hoch ambitionierte, oft geld- und statusgetriebene Einzelkämpfer als Kandidaten. Bei Egon Zehnder selbst aber ist jeglicher Starkult verpönt. Wer hier aufgenommen werden will, muss die Bereitschaft mitbringen, sich in die Hierarchie einzuordnen. Nicht einmal Titel auf der Visitenkarte gibt es und die Gewinne werden zum Jahresende unter allen aufgeteilt. Dafür gibt es die Aussicht auf eine quasi lebenslange Stellung.
Mit diesem Konzept hat es die Personalberatung weit gebracht. 2012 setzten die 426 Berater an 66 Standorten 649,2 Millionen US-Dollar um. Damit landeten sie auf Platz zwei im weltweiten Ranking der Top-Personalberatungen hinter den Amerikanern von Korn/Ferry (673 Millionen US-Dollar/539 Berater), aber noch vor Spencer Stuart (612 Millionen US-Dollar/331 Berater) und Russell Reynolds (421,9 Millionen US-Dollar/254 Berater).
Quelle: Bilanz 11/2013 vom 31. Mai 2013, Print-Ausgabe, Seite 32 ff.