Endlich Werbungskosten auch fürs Erststudium

Studierende, die in einem Erststudium stecken (= gleich nach dem Abi an die Uni, ohne vorherige berufliche Ausbildung), haben endlich einen Grund, tüchtig die Sektkorken knallen zu lassen. Nach zwei aktuellen Urteilen des Bundesfinanzhofs (VI R 38/10 und VI R 7/10) können die Kosten, die ihnen im Rahmen dieses Studiums entstehen, vom Finanzamt durchaus als vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben berücksichtigt werden.

ACHTUNG: Neue Gesetzesregelung beschlossen

Bislang stufte der Fiskus diese Aufwendungen per se als so genannte Sonderausgaben ein. Damit waren sie nur begrenzt (bis 4.000 Euro pro Jahr und nicht auf spätere Jahre übertragbar) von der Steuer absetzbar. In der Regel verpuffte dieser Steuervorteil völlig wirkungslos. Gehen dagegen die Kosten für Studiengebühren, Fahrten zur Uni, Bücher, Seminare & Co als Werbungskosten durch, wird der komplette Betrag berücksichtigt und über die kommenden Jahre als Verlustvortrag aufsummiert.

Unterm Strich bedeutet dies: Zum Jobstart sind erstmal kaum Steuern auf das erste, zweite Jahreseinkommen fällig. Dies wurde bislang nur Zweitstudiumsstudierenden und Menschen in der beruflichen Weiterbildung zuerkannt.

Laut den Richtern sind die Ausgaben fürs Erststudium oder für die Erstausbildung aber auch (vorweggenommene) Werbungskosten, nämlich dann, wenn "die Kosten hinreichend konkret durch die spätere Berufstätigkeit veranlasst sind". Für Wiwis, MINTler, Mediziner und Juristen dürfte dieser Nachweis leicht zu schaffen sein, Studierende anderer Fächer, wie etwa Literatur oder Philosophie, werden ein bisschen argumentieren müssen.

Noch sind die Urteile nur für die beiden konkreten Fälle gültig. Für alle anderen Fälle müssen die Steuerverwaltungen die Urteile erst beachten, wenn sie im Bundessteuerblatt veröffentlicht wurden. Ob und wann das passiert, entscheiden die Finanzministerien von Bund und Ländern. Da die Anwendung der Urteile den Staat viel Geld kosten wird, wird man nun erstmal abwägen, wie viel Großmut man sich leisten kann und danach das Einkommensteuergesetz entsprechend ändern.

Nach einem Vorabbericht des Spiegel plant der Finanzminister, die Berücksichtigung von Ausbildungskosten sowohl in der Höhe als auch in der Dauer zu deckeln.

Jobguide-Tipp: Egal, wie die neue Regelung dann aussieht, Erststudierende sichern sich mögliche Vorteile für die zurückliegenden Steuerjahre nur dann, wenn sie fleißig Steuererklärungen nachholen und die Kosten für Uni & Co als Werbungskosten in den Formularen deklarieren.

Dabei spielt keine Rolle, ob sie während des Jahres überhaupt Einnahmen erzielt haben oder nicht. Bis Jahresende lassen sich Erklärungen sogar noch bis zum Jahr 2007 (in Einzelfällen sogar bis 2004) nachholen.

Dies klappt allerdings nur, solange noch keine bestandskräftigen Steuerbescheide für diese Jahre vorliegen, sprich: der Student noch keine Erklärung gemacht hat, der Bescheid noch offen ist oder er einen Vorläufigkeitsvermerk zu den Aufwendungen im Erststudium enthält. Das Finanzamt wird die Anerkennung als Werbungskosten zunächst noch ablehnen, dagegen müssen Erststudierende widersprechen und sich auf die BFH-Urteile berufen. Dadurch bleiben die Steuerbescheide in diesem Punkt bis zu weiteren Entscheidungen offen. Nur über dieses Procedere können sich Studierende auch für zurückliegende Jahre die möglichen Steuerverbesserungen sichern. Wer sich dagegen nicht rührt oder sich bestandskräftige Bescheide einhandelt, kann nur noch für künftige Jahre von den kommenden Regelungen profitieren.
(5. September 2011)

Quellen: Haufe Steuern, Spiegel

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