EY kauft Etventure

Die Digitalberatung Etventure hat sich darauf spezialisiert, auf der grünen Wiese zusammen mit mittelständischen Firmenkunden in kürzester Zeit digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln. Das Modell will künftig der Wirtschaftsprüfer EY nutzen und hat Etventure jetzt übernommen, meldet das Handelsblatt.

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Für Philipp Depiereux, den Chef der Digitalberatung Etventure, war die Grenze erreicht: Seine Berater hatten ausreichend Ideen für neue Geschäftsmodelle, aber dem Spezialisten für die Entwicklung digitaler Startup-Ideen fehlten die notwendigen Ressourcen, um diese auch umsetzen zu können: „Wenn diese Ideen in einem Unternehmen weltweit ausgebreitet werden sollen, braucht man tiefes Wissen über Prozesse, IT und die Branche, und man braucht große Teams“, sagte er dem Handelsblatt.

Weil ihm das alles als mittelständisches Beratungshaus fehlte, ließ er sich auf einen Deal mit dem Wirtschaftsprüfer EY ein: Im Oktober 2017 übernahm das WP-Schwergewicht die Digitalberatung nach Expertenschätzungen zu einem zweistelligen Millionenbetrag.

Nach dem Deal, der intern von den Etventure-Mitarbeitern angeblich eher kritisch gesehen werden soll, weil sie befürchten, in ihrer quirligen und kreativen Startup-Mentalität von dem eher konservativ geprägten Apparat EYs möglicherweise ausgebremst zu werden, soll der Markenname erhalten bleiben. Auch will Philipp Depiereux gemeinsam mit drei seiner Etventure-Mitgründer in der Geschäftsführung verbleiben. Sie wollen behutsam vorgehen und zunächst nur wenige große Projekte betreuen. So groß ist die Angst, dass die Start-up-DNA verloren gehen könnte, die Etventure bislang dabei half, Kunden wie Klöckner, für die die Berater mit Klöcker.i eine digitale Steuerung der Lieferkette im Stahlgeschäft aufbauten, von sich zu begeistern.

Ende 2016 setzte Etventure mit 180 Mitarbeitern rund 20 Millionen Euro um, die gut laufenden Geschäfte dürften die Mitarbeiterzahl bis Ende 2017 auf 250 hochschrauben. EY verspricht sich von dem Deal wiederum mehr Geschäfte für die eigene Beratungseinheit. Außerdem kann Etventure dem Prüfungsriesen beim eigenen digitalen Wandel helfen. Erste Gerüchte über den Deal kursierten schon im Sommer. EY hat mit dem Kauf nun Boden gut gemacht, da der Nummer drei im Markt der Wirtschaftsprüfung hierzulande bislang – im Gegensatz zu allen anderen Big-Four-Gesellschaften – ein digital aufgestellter Beratungszweig noch fehlte. 

Quelle: Handelsblatt, 17.10.2017, Printausgabe Seite 22