Die alternde Generation der Baby-Boomer und eine Zunahme der Fehlsichtigkeit bei jungen Erwachsenen bescherten der Augenoptikerbranche mit ihren 65.000 Mitarbeitern 2018 einen Umsatz von rund sechs Milliarden Euro.
12,5 Millionen Brillen kauften die Deutschen im letzten Jahr, gut die Hälfte von ihnen gingen bei den zehn größten Filialketten über die Ladentheken. Der Markt teilt sich dabei immer mehr in zwei Lager auf: Während die umsatzstarken Ketten weiter wachsen, weisen die kleineren eher Umsatzeinbußen auf. Auch bei den Beschäftigten kommt das Wachstum nicht unbedingt an: Seit 2012 sank die Zahl der Mitarbeiter in der Augenoptik-Industrie um vier Prozent auf 20.500. 2019 dürfte sie um weitere 0,5 Prozent sinken. Immerhin: 2019 sehen die Aussichten für den Gesamtmarkt laut Augenoptik-Industrieverband Spectaris weiterhin vielversprechend aus.
Dabei spielt der Brillenkauf übers Internet im Moment noch eine untergeordnete Rolle. Tatsächlich kaufen die Deutschen nach wie vor ihre Brillen lieber im Geschäft. Marc Fielmann, der im Laufe dieses Jahres die Geschäftsführung der gleichnamigen Kette von seinem Vater Günther Fielmann übernehmen soll, spricht sogar davon, dass der reine Onlinehandel eher ein Auslaufmodell in seiner Branche sei. „Nur zwei Prozent des Umsatzes mit Brillen werden über den Versandhandel gemacht, inklusive Kontaktlinsen sind es etwa fünf Prozent“, verriet er der Wirtschaftswoche im Interview. Aktuell gibt es eine Rückbesinnung auf den stationären Handel, bestätigt auch Verbandspräsident Thomas Truckenbrod. „Die Onliner gehen offline und eröffnen Läden, weil die Kunden persönlich beraten werden und die Brille probieren wollen.“
Trotzdem plant der angehende Junior-Chef Marc Fielmann auch mit seinem Unternehmen stärker ins Internetgeschäft vorzudringen. Qualitativ ist seiner Meinung nach eine online bestellte, individuelle Brille aktuell noch ein Zufallsprodukt. Doch das könnte sich mit den richtigen marktreifen Technologien ändern. Fielmann investiert über seine Venture-Aktivitäten in Forschung- und Entwicklung. Ziel ist es, einen Sehtest und die Anpassung einer Brille online künftig in derselben Qualität anbieten zu können wie in der Filiale. Dafür sind bestimmte Technologien wie eine verlässliche dreidimensionale Anprobe, eine millimetergenaue Anpassung der Brille und ein Onlinesehtest nötig.
Gleichzeitig ist Marc Fielmann überzeugt, dass die Zukunft in einer Verbindung aus persönlicher Beratung und digitalen Services besteht: Online aussuchen, aber im Geschäft anpassen lassen. Deshalb hält Deutschlands größte Kette weiter an ihrem Netz aus europaweit 737 Filialen fest. Der Branchenprimus treibt sogar derzeit die Expansion in Italien und Polen weiter voran und hält auch in anderen europäischen Ländern Ausschau nach Ketten, die es zu übernehmen lohnt.
Quelle: Wirtschaftswoche, 21. Februar 2019; Handelsblatt, 5. Februar 2019; Handelsblatt, 25. Januar 2019