Großfusion im Beratermarkt ist wahrscheinlicher geworden

Die Wirtschaftsprüfer können im Prüfgeschäft nicht mehr wachsen und drängen daher immer tiefer in das lukrative Geschäftsfeld der Managementberatung vor.

Die Übernahme der Einkaufsberatung Brainnet durch KPMG und des Supply Chain Management-Spezialisten PRTM durch PricewaterhouseCoopers werden nicht die letzten Übernahmen auf der Schnittstelle von Wirtschaftsprüfung und Managementberatung bleiben, sagt Frank Höselbarth, Chef der auf das Markenimage von Unternehmensberatungen spezialisierten People & Brand Agency, in einem Interview mit Wiwo-Online. Nach dem Scheitern der Fusion von Deloitte und Roland Berger Strategy Consultants hält Höselbarth jetzt sogar die Fusion einer der Big-Four-Wirtschaftsprüfer mit einer der Top 6-Managementberatungen für wahrscheinlich.

"Die Beraterszene steht vor einer Konsolidierung", sagt Höselbarth im Interview mit Wiwo Online. Internationale Konzerne wünschten sich ebenso international agierende Managementberatungen, die in allen relevanten Ländern der Welt vertreten und gleichzeitig in zig Fachdisziplinen und Branchen top sind. Das sei für globale Managementberatungen jedoch organisatorisch wie finanziell eine Riesenherausforderung, die am Ende nur wenige Häuser meistern könnten.

"Derzeit ist der weltweite Beratungsmarkt dreigeteilt", urteilt Höselbarth. In der absoluten Oberliga spielten die Topberatungen McKinsey und Boston Consulting Group. Das Spitzenduo werde gefolgt von globalen Playern wie A.T. Kearney, Bain, Booz und Roland Berger, die jede für sich genommen schon Lücken bei den Beratungsthemen oder weiße Flecken auf der Landkarte aufwiesen. Im Hochpreissegment gebe es daneben noch eine Vielzahl an spezialisierten Boutiquen, die sich auf Felder wie Restrukturierung, Marketing/Vertrieb oder Corporate Finance konzentrierten, dort auch erfolgreich arbeiteten, aber aus eigener Kraft die nächste Stufe der Globalisierung vielfach nicht stemmen könnten. Manche dieser mittelständischen Beratungen liebäugelten damit, unter das Dach einer der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zu schlüpfen, um von deren globaler Infrastruktur zu profitieren. Zumal die großen Wirtschaftsprüfer seit vielen Monaten den Beratungsmarkt nach potenziellen Übernahmekandidaten sondierten.

Offen ist allerdings noch, ob die Europäische Union den Wirtschaftsprüfern einen Strich durch ihre Expansionspläne im Consulting macht. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier hat angekündigt, den großen Prüfgesellschaften die strikte Trennung zwischen Prüfung und Beratung aufzuerlegen. Im Fall eines solchen strikten Verbots müssten die Beratungszweige der Prüfungsgesellschaften wieder ausgegliedert werden. Höselbarth: "Das heißt aber nicht automatisch, dass die jetzt durch Zukäufe entstehenden neuen Beratungsformationen nicht auch zukünftig erfolgreich sein können." Sowieso sei wahrscheinlicher als eine strikte organisatorische Trennung, dass die EU den Wirtschaftsprüfern lediglich strengere Vorschriften darüber machen wird, welche Beratungsleistungen sie für Unternehmen von öffentlichem Interesse erbringen dürften, deren Abschluss sie auch prüften.

Für den Fall, dass den großen Wirtschaftsprüfern eine strikte Trennung von Prüfung und Beratung erspart bleibt, hält Höselbarth eine Fusion einer der Big Four-Gesellschaften mit einer der Top 6-Managementberatung für naheliegend. Mit Folgen für den gesamten Beratungsmarkt: "Ich denke dann wird es zu einer klaren Zweiklassengesellschaft kommen. Neben zwei, drei globalen Giganten würde es dann jede Menge Spezialistenboutiquen geben", sagt der Experte für Unternehmensberatungen aus Frankfurt.

(26. Juni 2012) Quelle:Wiwo-Blog Die ConSULTANten

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