Großkanzlei? Nein, danke!

Den Großkanzleien laufen die Bewerber weg – das fand der Marktforscher Trendence bei einer Umfrage unter Jungjuristen heraus. Der Nachwuchs straft Mängel in der Unternehmensethik zunehmend ab.

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Jedes Jahr fragt das Trendence-Institut in Berlin bei Jura-Studenten, Referendaren und jungen Volljuristen nach, welche Arbeitgeber bei ihnen für ihre Karriere hoch im Kurs stehen. Für Nachwuchs-Juristen hat sich die Top 5 der Wunscharbeitgeber dabei nicht geändert. Nummer 1 ist das Auswärtige Amt, gefolgt von der Großkanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, der Europäischen Kommission, dem Bundeskriminalamt und der Großkanzlei Hengeler Mueller.

Was die Top Five nicht verrät: „Weniger als die Hälfte der Jungjuristen will noch in einer Kanzlei arbeiten, stattdessen werden Anstellungen im Öffentlichen Dienst immer beliebter“, analysiert das Branchen-Portal Legal Tribune Online (LTO) die Umfrageergebnisse. Besonders Großkanzleien aus Frankfurt und Düsseldorf haben an Beliebtheit eingebüßt.

Ein Grund für die Popularitätsverluste ist die Tatsache, dass gleich drei Viertel aller Nachwuchsjuristen bei ihrer Arbeitgeberwahl heute verstärkt auf die Unternehmensethik achten. Am meisten Punkte büßte Freshfields Bruckhaus Deringer ein. Die Wirtschaftskanzlei war wegen der Beratung von Volkswagen im Dieselskandal und ihrer Mandate im Zusammenhang mit den Cum-Ex-Steuerdeals in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Im letzten Jahr durchsuchte die Staatsanwaltschaft die Kanzleiräume.

Auch andere bekannte Großkanzleien sind in der Gunst der befragten rund 2.200 Jura-Studenten und Hochschulabsolventen gesunken – darunter Clifford Chance, Linklaters und CMS Hasche Sigle. Hogan Lovells fiel sogar aus der Top 10 der beliebtesten Arbeitgeber heraus.

Wie wichtig das Image ist, zeigt die Großkanzlei Noerr. Das Haus, so Trendence, „differenziert sich über seine Unternehmenskultur der offenen Türen von anderen Kanzleien und verspricht gleichzeitig eine schnelle Karriere“. Das kommt an: Als einzige Großkanzlei stieg Noerr in der Beliebtheit deutlich. Auch die mittelständischen Kanzleien sind weiterhin beliebt und entgehen dem Abwärtstrend.

Deutlich erkennbar ist zudem der Wunsch der Nachwuchsjuristen nach flexiblen Arbeitszeiten. Sie gehen davon aus, dass sie zwar künftig mit bis zu 50 Stunden pro Woche viel arbeiten müssen (der Schnitt bei Volljuristen liegt bei 46 Wochenarbeitsstunden), haben dafür aber flexible Arbeitszeiten und Homeoffice ganz oben auf ihrer Wunschliste stehen. Ein Kulturwandel könnte hier gerade den Großkanzleien bei der Nachwuchsgewinnung helfen.

Im Laufe der Berufsjahre wandelt sich zudem die Einstellung der Juristen. Mit zunehmendem Alter steigt der Wunsch nach flexibler Arbeitszeit und Homeoffice. So will jeder fünfte Jungjurist zuhause arbeiten, bei den Volljuristen ist es schon jeder dritte. Und: Je älter die Juristen werden, desto wichtiger wird das kollegiale Umfeld für die Karriere. Auch hier schneiden die mittelständischen Kanzleien besser ab.

Quellen:Trendence Absolventenbarometer, Legal Tribune Online