Jobguide.de:Herr Dr. Hofmann, was sind die Megatrends in Einkauf und Logistik?
E. Hofmann: Es gibt fünf Entwicklungen, die Einkauf und Logistik in den kommenden Jahren verändern werden. An erster Stelle steht nach wie vor der anhaltende Kostendruck. Dann folgen mit weitem Abstand die Globalisierung und Internationalisierung. An dritter Stelle ist die Notwendigkeit zu nennen, dass der Einkauf noch enger mit Produktion und Entwicklung verzahnt wird. Zudem ist zu beobachten, dass Kooperationen und die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette noch bedeutsamer werden. Und zuletzt gilt es Risikothemen wie die Verknappung von Rohstoffen und Währungsschwankungen in den Griff zu kriegen.
Wie wirken sich diese Entwicklungen auf die Karrierewege in Einkauf, Logistik und Supply Chain Management aus?
Das Aufgabenfeld von Einkäufern und Logistikern wird nicht nur umfangreicher werden, sondern auch eine ganzheitlichere Herangehensweise erforderlich machen. War der Einkauf traditionell in vielen Unternehmen bisher noch dem Finanzressort unterstellt, haben Managementtalente im Einkauf heute gute Chancen im Laufe ihrer Karriere irgendwann mal als Chief Purchasing Officer eine selbstständige Funktion an der Unternehmensspitze zu übernehmen. Einkauf und Logistik erfüllen eine wichtige Schnittstellenfunktion in der Organisation. Gut gemanagte Einkaufsabteilungen arbeiten daher schon heute eng mit den Finanzern, den Produktionsleuten, Entwicklern und dem Vertrieb zusammen.
Wer die Sprache der Entwickler spricht und mit den Leuten in der Produktion gut kann, kennt sich nicht unbedingt mit dem Hedgen von Währungsschwankungen aus. Wird die zunehmende Bedeutung von Supply Chain Management nicht auch zu einer steigenden Spezialisierung führen?
Fest steht: Die Herausforderungen sind so groß, dass der Akademikeranteil im Einkauf wie in der Logistik weiter zunehmen wird. Und fest steht auch: Mit zunehmender Professionalisierung geht stets auch eine zunehmende Spezialisierung einher. Spezialisten für die Beschaffung und Absicherung der Rohstoffversorgung und von Währungsschwankungen werden deshalb zum Beispiel in den nächsten Jahren sehr gefragt sein. Trotzdem gilt nach wie vor: Generalisten haben immer die größten Chancen, ins General Management aufzusteigen. Und hier sind vor allem Kenntnisse der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre, der Personalführung und des strategischen Managements der Schlüssel.
Wer an die Unternehmensspitze strebt, muss sich unweigerlich auf Kompetenzgerangel einstellen. Und in vielen Unternehmen wird bereits heute schon über den gestiegenen Einfluss der Einkäufer gestöhnt. Manager beklagen, dass sie ohne den Segen des Einkaufs keinen einzigen Auftrag mehr vergeben können.
Das ist auch richtig so. Konnten Vorstände und Geschäftsführer früher nach eigenem Gutdünken Berater zu teuren Honoraren anheuern, spielt das Thema Compliance eine immer wichtigere Rolle. Und das hat viele Vorteile: Wer eine anständige Ausschreibung formuliert, merkt schnell, ob seine Argumente stimmig sind. Und wer vor einer Auftragsvergabe den Markt erst einmal anständig analysiert, weiß am Ende dann auch Leistungen, die ihm angeboten werden, besser einzuschätzen.
Gleichzeitig heißt das aber auch, dass Einkäufer sich nicht nur als gewiefte Preisdrücker positionieren dürfen. Wer seinen Managerkollegen nur verbrannte Erde hinterlässt, wird langfristig kaum Erfolg haben. Gehört das auch schon zum Rollenverständnis des modernen Einkäufers hinzu?
Einkäufer müssen selbstsicher auftreten können und über ein ordentliches Maß an Durchsetzungsvermögen verfügen. Sich daneben auch noch für die Argumente der Kollegen aus Produktion und Entwicklung, aus Marketing und Vertrieb zu öffnen und die verschiedenen Standpunkte der unterschiedlichen Abteilungen unter einen Hut zu bringen - das genau wird die hohe Kunst des Einkäufers der Zukunft sein.
Das Gespräch führte Julia Leendertse