Interview: "Zusammenhänge zählen"

Arndt Rautenberg, Chef der Sparte Management Consultants bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft RölfsPartner über die Rolle von Einkaufsexperten in der Wirtschaftsprüferbranche.

JobguideXpress SCM: Herr Rautenberg, RölfsPartner hat vor einigen Monaten die Unternehmensberatung Araia übernommen. Was fängt um Gottes Willen ein Wirtschaftsprüfer mit einer Einkaufsberatung an?

Rautenberg: RölfsPartner bietet Unternehmen einen ziemlich einzigartigen interdisziplinären Beratungsansatz. Wenn Sie so wollen, sind wir für unsere Firmenmandanten Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwalt und Management Consultant in einem. Als Araia zum Verkauf stand, haben wir zugegriffen, weil wir das Supply Chain-Know-how bei der Beratung von Unternehmen sehr gut gebrauchen konnten. Der Deal verschaffte uns die Rechte für die Marke Araia Consulting sowie für die spezifischen Produkte und Methoden, die Araia bekannt gemacht haben. Wer heute Unternehmen strategisch wie operativ beraten will, braucht dafür unter anderem Spezialisten für Supply Chain Management.

JobguideXpress SCM: Moment mal, RölfsPartner firmiert doch als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Lässt sich die Rolle als vereidigter Buchprüfer mit der Rolle des Unternehmensberaters überhaupt vereinbaren? Wirtschaftsprüfer müssen doch ihre Unabhängigkeit bewahren und können nicht gleichzeitig die Unternehmen beraten, deren Zahlen sie im öffentlichen Auftrag testieren?

Rautenberg: Richtig. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass kein Wirtschaftsprüfer das prüfen darf, was er zuvor gestaltet hat. Das aber muss uns doch nicht als Unternehmen davon abhalten, unser Know-how überall dort anzubringen, wo diese gesetzliche Beschränkung eben nicht zutrifft. Im Gegenteil. Unser Ansatz, Unternehmen aus einer Hand Beratung anzubieten, die das unterschiedliche Know-how und die nicht immer vollständig kompatiblen Sichtweisen von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Unternehmensberatern bündelt, kommt sehr gut bei unseren Mandanten an. Wer heute etwa eine Standortverlagerung ins Auge fasst, muss dabei vielerlei bedenken. Ohne unseren ganzheitlichen Beratungsansatz müssten unsere Firmenkunden selbst die unterschiedlichen Bewertungen von Rechtsexperten, Steuerfachleuten, Wirtschaftsprüfern und Unternehmensberatern gegeneinander abwägen. Wir erledigen dieses Schnittstellenmanagment für sie gleich mit. Das klassische Prüfgeschäft macht übrigens gerade einmal noch 20 Prozent unseres Umsatzes aus.

JobguideXpress SCM:Wer sich mit dem Thema Einkauf und Supply Chain Management auskennt und Berater werden will, hat also nicht nur gute Chancen bei klassischen Unternehmensberatern, sondern auch bei den Wirtschaftsprüfern?

Rautenberg: Genau. Wir bei RölfsPartner suchen zum Beispiel Fachexperten, die es besonders schätzen, interdisziplinär zu arbeiten. Das kann allerdings mitunter auch anstrengend sein, weil man eben regelmäßig die Argumente der anderen Berufsgruppen verstehen muss und sich nicht so leicht darauf zurückziehen kann, dass etwas so entschieden und laufen muss, wie man es eben schon immer beurteilt und entschieden hat. Bei uns zählt weniger die Berufslogik als das, was für den Kunden die Lösung ist. Anwälte etwa, die auf die Sichtweise des Steuerberaters oder Managementberaters in ihrem Team keinen Pfifferling gäben, hätten es schwer bei uns und würden wohl sehr schnell schon von sich aus das Handtuch werfen.

JobguideXpress SCM: Haben Hochschulabsolventen bei Ihnen eine Chance genauso wie berufserfahrene Supply Chain Management-Experten?

Rautenberg: Beide Bewerbergruppen sind für uns gleichermaßen interessant. Wir geben den Hochschulabsolventen das Rüstzeug an die Hand, als Berater interdisziplinäre Ansätze zu finden. Und erfahrenen Einkaufs- und Supply Chain Management-Experten schadet es nicht, mal über den Tellerrand zu schauen.

Das Gespräch führte Julia Leendertse.

(7. Juni 2011)

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