Schon vor Jahren hätte man die Frage nach den Schlupflöchern im Steuersystem stellen müssen und Lösungen in Angriff nehmen können. So hätten die Wirtschaftsprüfer das Thema schon vor fünf Jahren auf europäische Ebene gebracht, da sich einige Länder wie Irland und Holland aggressiv um den Sitz großer Holdings bewarben. Doch weil der damalige EU-Kommissar aus Irland kam, passierte nichts, obwohl gerade Deutschland sich damals für eine Steuerharmonisierung stark gemacht hätte. Eine Mitschuld gerade an illegaler Steuergestaltung sieht Naumann allerdings nicht – und erst recht nicht, wenn es um die legale Gestaltung geht. „Da stehen wir als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in der Pflicht, den Auftrag unserer Kunden optimal zu erfüllen“, so Naumann. „Sonst machen wir uns schadenersatzpflichtig.“ Hier sieht er den Staat beziehungsweise den Gesetzgeber in der Pflicht, Regeln aufzustellen und zu ändern.
Aus der Krise und den Vorwürfen, dass Wirtschaftsprüfer Risiken zu spät gesehen hätten und eine Mitschuld trügen, zieht Naumann die Lehre, dass im Spannungsverhältnis von Vorstand, Aufsichtsrat und Prüfern zu wenig kommuniziert worden sei und dass sich die Aufsichtsorgane zu oft auf die Informationen der Vorstände verlassen hätten. Sein Vorschlag: Vorstände, die besonders riskante Geschäfte machen, sollten sich diese vom Aufsichtsrat genehmigen lassen – und dass seine Zunft die ihnen vorgelegten Informationen noch kritischer hinterfragen müsse.
Quelle: Der Tagesspiegel, 17. April 2013