Der Business-Development-Dienstleister Denkfabrik Groupcom aus Hürth wirbt mit seinem digitalen Beratungsansatz in einem Schreiben an 2.000 Geschäftsführer, der Schweizer Webdienstleister Namics hat jüngst einen eigenen Geschäftsbereich für Business Consulting ins Leben gerufen.
Wie die beiden Häuser schielen derzeit allerorten Digitalagenturen auf eine Angebotslücke im Beratungssegment, die sie mit ihrem Angebot gerne schließen würden. Das Ziel der Digitalagenturen: die Kunden über den kompletten Prozess hinweg zu begleiten – und zwar angefangen bei der Formulierung der digitalen Geschäftsstrategie über die Konzeptentwicklung bis hin zur Umsetzung inklusive der Anpassung der notwendigen Prozesse und Organisation.
Doch die klassischen Beratungshäuser sehen der neuen Konkurrenz nicht tatenlos zu. So gründete beispielsweise das Prüfungs- und Beratungshaus Deloitte Deloitte Digital und positionierte den Ableger als „Creative Digital Consultancy“, genau zwischen Agenturen und Unternehmensberatungen. Florian Schültke, Partner bei Deloitte Digital, erklärt, worum es geht: Deloitte Digital decke die gesamte Wertschöpfungskette ab, und helfe den Kunden dabei, bestehende Geschäftsmodelle zu digitalisieren, neue Konzepte zu entwickeln, umzusetzen und sogar zu betreiben. Bei Accenture sollen schon heute 40 Prozent des globalen Umsatzes aus Digital-related Services kommen.
Im Wettbewerb mit den klassischen Unternehmensberatern sieht der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BDVW) die Digitalagenturen gut aufgestellt: Ihre Stärken liegen in der gelernten und gelebten interdisziplinären Herangehensweise, der Umsetzungskompetenz. Ihr Vorteil sei, dass sie bereits zu Beginn von Projekten eine mehrdimensionale Betrachtung zulassen würden. „So erkennen sie oft schneller als andere Marktteilnehmer die wahren Herausforderungen und Lösungswege“, zitiert W&V Anke Herbener, Vorsitzende der Fokusgruppe Full-Service-Digitalagenturen im BDVW. Diesen Vorteil spielten die Agenturen voll aus. Mit Erfolg, das Beratungsgeschäft der Digitalagenturen wächst, schreibt W&V, ohne jedoch konkrete Zahlen nennen zu können.
Ein Problem macht den Aufbau des digitalen Consultinggeschäfts für Digitalagenturen nicht ganz einfach: Es gibt zu wenig Spezialisten. Hier haben die klassischen Beratungshäuser dank ihrer starken Markennamen häufig die besseren Chancen, gute Köpfe für sich zu gewinnen. Wer bei einer Digitalberatung landen will, muss sich im digitalen Business gut auskennen und breite Fähigkeiten mitbringen. Beste Chancen haben Betriebswirte und Wirtschaftsinformatiker.
Quelle: W&V, 14. November 2016, Printausgabe Seite 42