Sie saßen in Untersuchungshaft wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung und schwerem Raub. Doch das Oberlandesgericht Frankfurt musste nun entscheiden, die mutmaßlichen Täter auf freien Fuß zu setzen, weil sie sich seit knapp zwölf Monaten in Haft befanden.
Beschleunigungsgebot führt zu Haftentlassungen
Weil die Staatsanwaltschaft „erheblich strukturell überlastet“ sei, schrieb das OLG Frankfurt in einer Pressemitteilung, sei eine Fortdauer der Untersuchungshaft nicht zu rechtfertigen. Denn nach dem Beschleunigungsgebot, das in der Strafprozessordnung als Grundsatz definiert ist, muss ein Haftbefahl im Regelfall nach sechs Monaten aufgehoben werden, wenn bis dahin das Verfahren nicht eröffnet werden konnte.
Komplexität der Fälle ist gestiegen
Die Sache ist kein Einzelfall. Wie die Deutsche Richterzeitung berichtet, mussten bereits im Jahr 2020 bundesweit 40 und 2021 sogar 66 Tatverdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen werden, weil ihre Verfahren zu lange dauerten. Es fehle der Strafjustiz nach wie vor deutlich an Staatsanwälten und Strafrichtern, sagte Sven Rebehn, der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes gegenüber Legal Tribune Online. So könnten selbst vorrangige Haftsachen nicht immer mit der rechtsstaatlich gebotenen Beschleunigung erledigt werden. Nach Aussage von Generalstaatsanwalt Torsten Kunze, den die FAZ zitiert, liege die Zahl der pro Jahr eingehenden Verfahren zwar relativ konstant bei 370.000 bis 390.000, aber deren Komplexität sei gestiegen ist.
„Pakt für den Rechtsstaat“ wird fortgesetzt
Nach einem „Pakt für den Rechtsstaat, den Bund und Länder Anfang 2019 geschlossen hatten, waren bereits 2.700 neue Stellen geschaffen und 2.500 auch besetzt worden. Dieser Pakt soll nun – so steht es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung – verstetigt werden, sprich: es werden weiter neue Stellen entstehen. Zudem soll ein „Digitalpakt für die Justiz", folgen, der die Gerichte von ihren Papierbergen befreit und Arbeitsabläufe verschlankt.
Besoldung und Examensnoten im Gespräch
Generalstaatsanwalt Kunze spricht davon, dass die Bemühungen um die Attraktivität einer Tätigkeit in der Justiz gesteigert und eine bessere Besoldung erwogen werden müsse. Außerdem ist in der Diskussion, die derzeit hohen Anforderungen an die Examensnoten herunterzusetzen.
Vergütung variiert nach Ländern
Aufgrund der Jobsicherheit und des Beamtenstatus haben sich in den vergangenen Jahren viele Frauen für den Beruf der Staatsanwältin oder Richterin entschieden. Der Verdienst in der Staatsanwaltschaft variiert sehr stark nach Bundesländern. So verdient der Staatsanwalt in Hessen beim Einstieg knapp 4.145 Euro, während seine Vergütung in Hamburg bei 4.660 Euro liegt. In NRW liegt die Vergütung als Staatsanwältin oder Staatsanwalt nach Besoldungsordnung R 1 Landesbesoldungsordnung bei knapp 4.500 Euro zuzüglich eines eventuellen Familienzuschlags. Dies kann sich bei über zehn Jahren Berufserfahrung auf mehr als 108.000 Euro im Jahr erhöhen.
Berufserfahrung lässt Gehälter automatisch steigen
Der Median bei den Gehältern der Richter liegt bei 5.209 Euro monatlich, auch hier mit Schwankungen zwischen den Ländern, und kann nach entsprechender Erfahrung und mit höherer Verantwortung an den Landes- und Oberlandesgerichten auf über 11.000 Euro steigen, bei herausgehobenen Positionen an Bundesgerichten sogar noch deutlich darüber.
Quellen: Legal Tribune Online, FAZ, Gehaltsreporter, Legal Tribune Online II