Wie komme ich durch den Tüv? Alle Jahre wieder treibt Autofahrer diese Frage um. Bereits Anfang der Neunzigerjahre fiel das Tüv-Monopol auf Fahrzeug-Überprüfungen. Seither führen auch andere Prüfgesellschaften die lebenswichtigen Sicherheitschecks an Fahrzeugen durch. Doch keinem von ihnen gelang es, sich so sehr als Synonym für die Fahrzeugüberwachung ins kollektive Gedächtnis der deutschen Autofahrer einzubrennen, wie die Technischen Überwachungsvereine (Tüv).
Geschadet hat die Liberalisierung den Tüv-Konzernen nicht. So führt etwa der Tüv Rheinland seit Jahren schon auch Fahrzeug-Sicherheitschecks in Frankreich, Spanien, Chile und Lettland durch. Die Einnahmen aus der Fahrzeugüberwachung machen jedoch nur noch 15 Prozent des Umsatzes von rund zwei Milliarden Euro aus. Das Geschäft ist zwar stabil, aber sein Umsatzanteil sinkt. Groß ist hingegen der Umsatzanteil der Überprüfung von Industrieanlagen im In- und Ausland. Und weiteres Wachstum verspricht sich der Tüv Rheinland aktuell vom Geschäft rund um Cybersicherheit und den Datenschutz.
Schon heute sind beim Tüv Rheinland rund 1.000 Mitarbeiter damit beschäftigt, Lücken in den IT-Netzen von Unternehmen aufzuspüren. In sogenannten Penetrationstests versuchen die IT-Experten, sich bei den Firmen einzuschleusen. Anschließend bekommen ihre Auftraggeber enthüllt, wo Schwachstellen liegen und wie sie sie beseitigen können.
Hatten bislang vor allem Banken und Versicherungen Bedarf an Cyberschutz-Dienstleistungen, so sind solche Services im Zeitalter des „Internets der Dinge“, also der Nutzung von Datenströmen für effiziente Abläufe – laut Tüv Rheinland inzwischen in der ganzen Wirtschaft gefragt. Beispielsweise prüft der Tüv Rheinland seit neuestem die Produktionsstätten des Gaseherstellers Linde.
Auch von den verschärften Datenschutzregeln verspricht sich der Tüv Rheinland zusätzliches Geschäft. Der Beratungsbedarf der Unternehmen ist mit der Einführung der neuen Datenschutzgrundverordnung im letzten Jahr gestiegen. So habe ein chinesischer Medizintechnik-Hersteller nach einer Tüv-Beratung seine Geräte umstellen müssen, weil Ultraschallaufnahmen auf Server außerhalb der EU gekommen wären und Zugriffe Dritter hätten möglich sein können.
Experten für IT und Datensicherheit, die auf Jobsuche sind, haben beim Tüv Rheinland gute Karten. Das Unternehmen sucht dringend Mitarbeiter – derzeit rund 500 im Inland und 500 im Ausland. Bereits 2018 stieg die Zahl der Vollzeit-Stellen beim Tüv Rheinland um gut 500 auf 20.450, davon knapp 8.800 in Deutschland (plus 300). Große Standorte in Deutschland hat der Tüv Rheinland in Köln, Nürnberg und Berlin. Zu den Wettbewerbern gehören der Tüv Nord, Tüv Süd und die Dekra.