In den USA droht den großen Headhunterfirmen immer mehr Geschäft in ihrem traditionellen Feld der Direktsuche von Topmanagern wegzubrechen. Zahlreiche Unternehmen – darunter die Hotelkette Hilton, der Getränkehersteller Pepsi und die Kaufhauskette Sears – haben eigene Abteilungen oder Tochterunternehmen speziell für die Rekrutierung von Führungskräften gegründet. Laut Wall Street Journal verfügt bereits ein Viertel der 500 größten US-Unternehmen über einen „Chef für die Anwerbung von Führungskräften“, vor etwas über einem Jahrzehnt waren es nur zehn Prozent. Ein Grund für den neuen Trend, sich verstärkt selbst auf die Suche nach Topmanagern zu begeben, ist der Aufstieg der digitalen Berufsnetzwerke wie LinkedIn, mit deren Hilfe die firmeneigenen Recherche nach geeigneten Top-Kandidaten auch auf internationaler Ebene heute sehr viel leichter als früher zu bewerkstelligen ist.
Zudem sind viele Unternehmen unzufrieden mit der Arbeit von Headhuntern. Nicht nur, dass die Personalberater hohe Provisionen für ihre Sucharbeit verlangen, stört ihre Kunden zunehmend. Maggie Rubey Lynch, Leiterin der Personalbeschaffungstochter des Medienkonzerns Time Warner betont, dass sie und ihre mittlerweile 30 Mitarbeiter neues Personal auch noch sehr viel schneller an Bord holen als externe Dienstleister. Dem Wall Street Journal rechnete Lnych vor, dass ihre eigenen Leute im Schnitt nur 100 Tage statt der sonst üblichen 170 Tage bräuchten, bis eine Führungsposition besetzt sei. Verlierer des neuen Trends sind die großen Headhunter Heidrick & Struggles, Korn/Ferry und Egon Zehnder, schreibt das Handelsblatt. Und in der Tat: Korn/Ferry macht bereits heute 40 Prozent seines Umsatzes mit Geschäften außerhalb des Headhuntings.
Neue Geschäftschancen könnten sich für die Personalberater dagegen in Japan eröffnen. „Dort ist Headhunting im Kommen“, schreibt das Handelsblatt. Bislang setzten japanische Traditionsfirmen bei der Besetzung von Chefposten ausschließlich auf interne Kräfte. Headhunter beauftragten sie nur, wenn es darum geht, ausländische Fachkräfte zu akquirieren, mit denen ansonsten schwer zu füllende Lücken in technischen Funktionen oder im globalen Marketing geschlossen werden können. Seit 2014 zeichnet sich jedoch auch in dem Land, das wie kein anderes für das Ideal der lebenslangen Beschäftigung steht, ein Kulturwandel ab. Mit dem Getränkehersteller Suntory und dem Pharmakonzern Takeda setzten erstmalig gleich zwei dominante Traditionsfirmen ein Zeichen, indem sie sich Chefs von außen holten.
Quelle: Handelsblatt, 10. Mai 2015