Der CFO und mit ihm die gesamte Finanzfunktion ist nicht mehr bloß Hüter der Zahlen, die in der Vergangenheit erwirtschaftet wurden. Von modernen Finanzbuchhaltern, Controllern, Finanzanalysten, Auditoren, Steuer- und Treasury-Experten wird im Zeitalter der Globalisierung verlangt, dass sie international vernetzt denken und handeln. Sie müssen Chancen und Risiken von weltweiten Geschäften frühzeitig erkennen, Gegenmaßnahmen aus ihrer Analyse ableiten und die Umsetzung anstoßen. Seit einiger Zeit schon schreiben alle Branchenkenner der Finanzfunktion den Wandel ins Stammbuch: Vom Zahlenmeister zum Unternehmensstrategen müsse der Mensch im Finance & Accounting mutieren.
Das Image der ausschließlich rückwärts blickenden „Number Cruncher“ haben Führungskräfte der Finanzbereiche spätestens mit der Krise 2009/2010 abgelegt. Je unbeständiger die Märkte, desto gefragter sind zuverlässige Schätzungen und Prognosen, Aussagen zur Profitabilität von Produkten und Segmenten und zur Absicherung der größten Risiken. Und hier erfordert eine qualifizierte Aussage über die Zukunft naturgemäß auch umfassende Kenntnisse der Vergangenheit.
Finanzchefs müssen mitsamt ihrem Team zwei wesentliche Aufgaben in der Balance halten: Einerseits verantworten sie die interne und externe Governance und Compliance. Sie müssen Risiken professionell managen, die Reputation des Unternehmens an den Finanzmärkten, bei Aufsichtsbehörden und wichtigen Stakeholdern dauerhaft und nachhaltig sichern.Andererseits will die Zukunft erobert werden. Was sind die neuen Chancen? Welche strategischen Entscheidungen müssen getroffen werden – und auf Basis welcher Annahmen?
Bei der Finanzorganisation der Zukunft laufen Finanz-, Betriebs- und Risikoinformationen zusammen. Wer hier arbeitet, muss in der Lage sein, Daten aus verschiedenen Quellen zu bündeln, zu analysieren und zu interpretieren mit dem Ziel, Entscheidungen fundiert vorzubereiten.
Selbst auf dem Prüfstand
Lange Zeit plante, steuerte und kontrollierte das Finanzressort die Geschäftsprozesse anderer Unternehmensbereiche. Nun steht es selbst auf dem Prüfstand. Deutsche Unternehmen geben rund zwei Prozent ihres Umsatzes für den CFO-Bereich aus. Best-Practice-Unternehmen in den USA wendeten weniger als 0,5 Prozent dafür auf. Das Ringen um „Finance Excellence“ ist deshalb in vollem Gange. Motto: „Weniger Belastung durch transaktionale Routinetätigkeiten und mehr Kapazitäten für Steuerung und Beratung.“
Was Verschlankung und Prozessoptimierung in der Financefunktion bringen können, zeigt das Beispiel des Finanzwesens von Bayer Material Science (BMS). Nach Angaben von CFO Axel Steiger-Bagel haben drei Meilensteine die Finanzfunktion von Grund auf verändert: Erstens wurde der Planungsprozess vereinfacht und dadurch schneller und flexibler. Zweiter Effizienzbringer ist die Standardisierung: Statt in einem Data Warehouse die Informationen aus sieben verschiedenen SAP-Systemen und vier lokal angepassten ERP-Systemen zusammenzuziehen und zu konsolidieren, arbeitet BMS heute mit einem einheitlichen SAP-System weltweit. Drittens gibt es für das unternehmensinterne Reporting nur noch Standard-Reports mit vordefinierten Filtern.
Nachteil: Effizientere Systeme und Prozesse erfordern weniger Personal, das sie am Laufen hält. Zeitgleich lagern viele Firmen Standard-Finanzprozesse in sogenannte Shared Service Center im Ausland aus. Der Abbau trifft vor allem die unteren und mittleren Ebenen der Finanzbereiche.
Gut vernetzt sein
Für Berufseinsteiger bedeutet das: Es gibt keinen vermeintlich sicheren Posten mehr im Finanzbereich großer Unternehmen. Nur wer sich innerhalb des Unternehmens gut vernetzt, Geschäftswissen sammelt und seine analytischen Fähigkeiten stärkt, ist auf Dauer interessant für diesen, auf Zahlenmenschen spezialisierten Arbeitsmarkt.
Auf diesem allerdings sieht es derzeit gut aus: Laut Personaldienstleister Robert Half International sorge das Wachstum der Unternehmen und ihre Expansion in andere Marktsegmente dafür, dass neues Personal gebraucht werde. Weitere Jobmotoren seien Fusionen und Übernahmen sowie Umstrukturierungen.
Für den Gehaltsspiegel „Finanz- und Rechnungswesen 2012“ werteten die Experten von Robert Half International mehr als 4.300 anonyme Fragebögen aus Deutschland aus. Ein Ergebnis: Mehr als die Hälfte der Befragten verdient zwischen 40.000 und 80.000 Euro pro Jahr. Über 80.000 Euro erhielt jeder fünfte Befragte.
Autor: Dirk Neubauer
Quelle: Auszug aus Jobguide eMagazine Finance & Controlling