Vor dem Schlafengehen nochmal die Emails checken, im Urlaub am virtuellen Meeting teilnehmen, am Frühstückstisch telefonieren - in der modernen Arbeitswelt verwischen sich die Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeit, Büro und Wohnzimmer. Jederzeit und überall arbeiten zu können, hat viele Vorteile, doch die Freiheit birgt auch Risiken. Laut einer Studie der der Technischen Universität Braunschweig sowie des Bundesinstituts für Berufsbildung sind rund 10 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland arbeitssüchtig. Führungskräfte, Selbständige und Beschäftigte von kleinen Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden sind häufiger betroffen als Mitarbeitende von mittleren und großen Unternehmen oder Teilzeitkräfte.
Gelassene Geografen, süchtige Sozialberufe
Auch im Hinblick auf den beruflichen Bereich offenbart die Studie Unterschiede. Besonders gelassen arbeiten danach Erwerbstätige im Berufsbereich „Naturwissenschaft, Geografie, Informatik“. Hier sind nur sechs Prozent von suchthaftem Arbeiten betroffen. Weitaus eher zu exzessiver oder suchthafter Arbeit verleiten dagegen offenbar Branchen wie Land- und Forstwirtschaft oder Gesundheit, Soziales. Lehre und Erziehung. Viel gearbeitet wird auch in Kreativberufen, während in Verkehr, Logistik und Sicherheit nur acht Prozent suchtartiges Arbeitsverhalten zeigen.
Sucht oder Eifer?
Offiziell ist Arbeitssucht keine Krankheit und leider ist sie auch nur schwer zu erkennen: Denn nicht jeder, der viel arbeitet, ist deshalb gleich süchtig. Wer sich im Job voll reinhänge, werde vom Umfeld meist positiv bewertet. Es sei darum schwierig, zu sagen, ab wann die Freude an der Arbeit zur Sucht werde, erklärt die Suchtberaterin Sabine Bührer in der Handelszeitung: "Zum Problem wird das, sobald die Sucht zu negativen Veränderungen führt", zitiert das Blatt Bührer. Betroffene seien oft müde, zögen sich sozial zurück, seien emotional instabil und litten unter Schlafstörungen. Endstation der Sucht sei dann ein Burnout.
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt?
Die norwegische Universität Bergen hat sieben Kriterien für Arbeitssucht identifiziert, schreibt die Handelszeitung. Wer mindestens vier der folgenden Fragen mit einem Ja beantworten kann, gilt demnach als arbeitssuchtgefährdet:
- Vernachlässigen Sie häufig Freunde, Familie oder Hobbys zugunsten Ihrer Arbeit?
- Denken Sie oft darüber nach, wie und wo Sie noch mehr Zeit für berufliche Aufgaben herausholen könnten?
- Arbeiten Sie oft, um unangenehme Gefühle wie Angst, Hilflosigkeit oder Schuld zu unterdrücken?
- Werden Sie unruhig, wenn Sie nicht arbeiten können? Etwa im Familienurlaub oder wenn Sie längere Zeit keinen Internetzugriff haben? Oder entwickeln Sie sogar körperliche Symptome für einen Entzug?
- Benötigen Sie häufig mehr Zeit für Ihre Arbeit, als Sie ursprünglich eingeplant haben?
- Wurde Ihnen schon einmal geraten, beruflich kürzerzutreten – was Sie jedoch ignoriert haben?
- Hat sich Ihre Arbeit schon einmal negativ auf Ihre Gesundheit ausgewirkt?
Eine einheitliche Therapie gebe es bei der Arbeitssucht nicht, so die Handelszeitung. Arbeitssüchtige Personen hätten meist ganz unterschiedliche Lebenswelten, was bei dem einen funktioniert, hilft der anderen deshalb nicht automatisch weiter. Mit ein paar Tagen Ferien ist es in der Regel nicht getan, denn die Betroffenen seien oft süchtig nach Stress. Wichtig sei deshalb zu lernen, bewusst zur Ruhe zu kommen, beispielsweise durch Meditation, Atemübungen und Sport. Im Job sollten Betroffene bewusst Grenzen setzen. Das heißt im Im Zweifelsfall: das Pensum reduzieren, Verantwortung abgeben oder die Position wechseln.
Quellen: Handelszeitung, Zur Studie