Der Wirtschaftsprüfungsmarkt steht vor einem Umbruch: Die gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüferrotation zwingt die Unternehmen, ihre lukrativen Prüfmandate neu auszuschreiben. Das Problem der Big Four: Sie werden dadurch Mandate verlieren, hoffen aber gleichzeitig, in anderen Ausschreibungen zu punkten.
Allerdings ist der Prüfungsmarkt eingeschränkt. Viel Wachstum lässt sich dort nur auf Kosten anderer erzielen. Genau deshalb drängen die Big Four schon seit Jahren in den Beratungsmarkt, weil sie dort Honorare und Umsätze erzielen, von denen sich im Prüfgeschäft nur träumen lässt. Die Folge, schreibt das Magazin Finance: Die Wirtschaftsprüfung wird langfristig zum Randgeschäft für die Big Four.
Das bestätigt auch Jörg Hossenfelder, Geschäftsführender Gesellschafter des Marktforschers Lünendonk & Hossenfelder, im Interview mit finance-magazin.de. Schon jetzt treten die Big Four als völlig neue Anbieter auf, die sämtliche Beratungssparten anbieten können, bis hin zur die kompletten Customer Journey, die die Übernahme von Digitalagenturen ermöglicht.
Die Folge daraus ist ein wachsender Anteil der Beratung am Umsatz. Bei Deloitte, der einzigen Big Four-Gesellschaft, die sich nie vom Beratungsgeschäft getrennt hat, war das schon immer so, aber 2017 war auch beim Marktführer PwC die Beratung die größte Umsatzsäule. Dieser Weg macht unternehmerisch Sinn, fraglich aber bleibt, ob das der gesamten Branche wirklich nützt. Denn so wird sich die Konzentration auf die Big Four weiter verstärken – und sie werden die Next Ten im Wirtschaftsprüfungsmarkt weiter abhängen.
Diese haben kaum eine Chance auf ein Prüfmandat aus dem Dax 30, sagt Hossenfelder, weil sich auch dazu die Regulierung, die eigentlich den kleinen Prüffirmen nutzen sollte, erneut ändern müsste. Sie reagieren auf diese Entwicklung mit Kooperationen – und die Bereitschaft dazu nimmt bei den deutschen Wirtschaftsprüfern deutlich zu. Während international bereits 87 Prozent der Wirtschaftsprüfer über eine Kooperation oder ein Partnernetzwerk Leistungen erbringen, sind es in Deutschland 61 Prozent, so zeigt eine aktuelle Lünendonk-Studie. Noch vor einem Jahr waren es nur 52 Prozent, im Jahr davor 47 Prozent.
Quelle: Finance-magazin.de, 15. Dezember 2017